03.07.2017 Strafrecht

OGH: Verhetzung – Einbeziehung der Gruppe der „Asylwerber“ in den Schutzbereich des § 283 StGB?

Infolge Fehlens der Staatsangehörigkeit sind sowohl „Ausländer“ als auch „Asylwerber“ (vgl § 2 Abs 1 Z 14, 15, 20a AsylG, § 2 Abs 4 Z 1 FPG; § 1 deutsches AsylG) gegen Verhetzung geschützte Gruppen iSd § 283 Abs 1 Z 1 StGB


Schlagworte: Verhetzung, geschützte Gruppen, Asylwerber
Gesetze:

 

§ 283 StGB

 

GZ 15 Os 25/17s, 05.04.2017

 

OGH: Unter einer „Gruppe“ iSd § 283 Abs 1 StGB ist eine Mehrzahl von Menschen zu verstehen, die durch ein oder mehrere der genannten Merkmale verbunden sind und sich hiedurch von den anderen abheben. Eine geschützte „Gruppe“ muss demnach jedenfalls durch eines der angeführten Merkmale nach außen hin abgrenzbar sein. Der Wortlaut verlangt allerdings nicht, dass eine solche Gruppe bereits abschließend durch das Vorhandensein oder Fehlen eines (oder mehrerer) der aufgezählten Kriterien definiert ist, und schließt damit auch nicht aus, dass der Täter bei der „Definition“ der von ihm bezeichneten Gruppe (explizit oder implizit) eine Einschränkung auf einen ausreichend bestimmten Teil (wie etwa „Asylanten“, „Asylwerber“) einer (explizit oder implizit) nach den oben genannten Kriterien (hier: Fehlen der Staatsangehörigkeit; vgl § 2 Abs 1 Z 14, 15, 20a AsylG sowie § 2 Abs 4 Z 1 FPG; § 1 deutsches AsylG) (mit-)abgegrenzten Gruppe vornimmt, solange gerade diese (Mit-)Zugehörigkeit (arg „wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe“) ein wesentliches Element der Zielrichtung der Tathandlung darstellt.

 

Einer solchen – enger definierten – Gruppe den Schutz gegen Verhetzung bloß deshalb zu versagen, weil sie nur einen (abgrenzbaren) Teil einer der in § 283 StGB umfassender definierten Gruppen darstellt, widerspräche auch dem Gedanken des Gesetzgebers, mit der Neufassung des Tatbestands ua „aufgrund aktueller Ereignisse“ (im Zeitpunkt der Einbringung der Regierungsvorlage im Jahr 2015 erkennbar gemeint: vor dem Hintergrund einer stetig wachsenden Zahl von Asylwerbern) Hasskriminalität („hate crimes“) konsequent zu bekämpfen und insbesondere bestimmten Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenzuwirken.