18.09.2017 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob ein Radfahrer, der berechtigterweise einen vom Individualverkehr getrennten Fahrstreifen für Omnibusse (§ 53 Z 24 f StVO) mit gesonderter Spurensignalanlage (mit Quer- und Längsbalken) benützt, verpflichtet ist, diese Signalanlage zu beachten

Es kann der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger die Busspur vor Einsetzen der Sperrlinie verlassen und die vom Erstbeklagten verwendete Fahrspur benutzen hätte müssen, nicht gefolgt werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass die allgemeine Signalanlage (Ampel) für den berechtigt die Busspur benutzenden Kläger Geltung hatte; dies bedeutet für den vorliegenden Fall im Gegensatz zur Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger berechtigt geradeaus weiterfuhr und der abbiegende Erstbeklagte ihn entsprechend § 38 Abs 4 StVO nicht gefährden oder behindern durfte


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Straßenverkehrsrecht, Fahrstreifen für Omnibusse, gesonderte Spurensignalanlage, Radfahrer
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 53 StVO, § 38 StVO, Übereinkommen über Straßenverkehrszeichen (BGBl 1982/291)

 

GZ 2 Ob 190/16d, 17.08.2017

 

Der Kläger überquerte die Haltelinie an der Kreuzung mit dem L*****platz, als die Verkehrslichtsignalanlage für den Geradeaus- und Rechtsabbiegeverkehr Grünlicht und für den „Busfahrstreifen“ ein „gesperrtes Zeichen“ (Querbalken) ausstrahlte.

 

OGH: Nach Art 23 des Übereinkommens über Straßenverkehrszeichen, BGBl 1982/291, ist Österreich verpflichtet, für die Regelung des Fahrzeugverkehrs mit Ausnahme der öffentlichen Verkehrsmittel rotes, gelbes und grünes Licht zu verwenden. Dieses internationale Übereinkommen bezweckt die Vereinheitlichung der Verkehrszeichen einschließlich der Verkehrslichtzeichen (Kapitel III des Übereinkommens) im Interesse der Verkehrssicherheit. Im Einklang damit ist § 38 Abs 8 StVO dahin auszulegen, dass für den Individualverkehr nur die dem Abkommen entsprechenden Lichtsignalanlagen Geltung haben und nicht andere dem öffentlichen Verkehr dienende, mögen sie auch auf einem vom Individualverkehrsteilnehmer berechtigt benutzten Fahrstreifen angebracht sein. Sie dienen auch dort nur der Regelung des öffentlichen Verkehrs. Dies entspricht auch der Bezugnahme des letzten Satzes des § 38 Abs 8 StVO auf die Abs 1 bis 7 der Bestimmung.

 

Es kann daher der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der Kläger die Busspur vor Einsetzen der Sperrlinie verlassen und die vom Erstbeklagten verwendete Fahrspur benutzen hätte müssen, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die allgemeine Signalanlage (Ampel) für den berechtigt die Busspur benutzenden Kläger Geltung hatte.

 

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall im Gegensatz zur Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Kläger berechtigt geradeaus weiterfuhr und der abbiegende Erstbeklagte ihn entsprechend § 38 Abs 4 StVO nicht gefährden oder behindern durfte.

 

Da es dem Kläger nach den Feststellungen ab Beginn des Abbiegemanövers des Erstbeklagten nicht mehr möglich war, unfallverhindernd zu reagieren, wobei dies auch bei Vorhandensein zweier ordnungsgemäß funktionierender Bremsen der Fall gewesen wäre, kann ihm ein Mitverschulden nicht zur Last gelegt werden.