06.03.2018 Strafrecht

OGH: Verhetzung iSd § 283 StGB – Hassposting auf Facebook als Dauerdelikt

§ 283 Abs 1 (und Abs 2; sowie auch Abs 4) StGB ist in den Fällen einer über den Veröffentlichungszeitpunkt hinausreichenden Publizität (eines über das erstmalige Zugänglichmachen hinausgehenden Zugänglichbleibens der Äußerung) als Dauerdelikt konzipiert


Schlagworte: Verhetzung, Hassposting, Facebook-Account, Dauerdelikt, Löschung
Gesetze:

 

§ 283 StGB

 

GZ 15 Os 129/17k, 22.11.2017

 

OGH: § 283 Abs 1 (und Abs 2; sowie auch Abs 4) StGB ist in den Fällen einer über den Veröffentlichungszeitpunkt hinausreichenden Publizität (eines über das erstmalige Zugänglichmachen hinausgehenden Zugänglichbleibens der Äußerung) als Dauerdelikt konzipiert. Dies trifft somit – anders als etwa auf eine Äußerung in einer Live-Rundfunksendung (vgl § 1 Abs 1 Z 5a lit a MedienG) – auf den hier vorliegenden Fall der bis zur Löschung andauernden Abrufbarkeit einer Veröffentlichung auf einer Facebook-Seite (Website; vgl § 1 Abs 1 Z 5a lit b MedienG) – entgegen der Rechtsansicht der beiden hier befasst gewesenen Gerichte – zu. Denn mit der fortdauernden Abrufbarkeit des tatbildlichen Postings durch eine solcherart potentiell ständig zunehmende Anzahl von Nutzern, dem mithin sukzessive anwachsenden potentiellen Rezipientenkreis war eine Intensivierung der von § 283 StGB verpönten Rechtsgutbeeinträchtigung verbunden (vgl zur Einordnung der Veröffentlichung von sog „Hasspostings“ im Internet als Dauerdelikt den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 20. Juli 2016 über die Vereinbarung mit Facebook zur Löschung von Hasspostings und Informationserteilung, GZ BMJ-S884.024/0014-IV/2016, sowie allgemein zur Einstufung von Äußerungs- und Verbreitungsdelikten im Internet als Dauerdelikte Ebensperger, Die Verbreitung von NS-Gedankengut im Internet und ihre strafrechtlichen Auswirkungen, ÖJZ 2002, 132 [143]).

 

Der vom OLG gegen die Annahme eines Dauerdelikts vorgebrachte Einwand eines „oftmals“ fehlenden Einflusses des Täters auf ein Fortbestehen der inkriminierten Veröffentlichung vernachlässigt – unter dem Gesichtspunkt der Struktur des Dauerdelikts als (partielles) Unterlassungsdelikt – das Tatbestandserfordernis der objektiven Möglichkeit des Täters zur Vornahme des gebotenen Tuns. Vorliegend hat der Angeklagte im Übrigen die Löschung seines (gesamten) Facebook-Accounts beantragt und wurde diese auch durchgeführt, weshalb der Einwand auch fallaktuell ins Leere geht.

 

Somit wurde (zumindest) bis zur Beantragung der Löschung des inkriminierten Facebook-Postings nach der Hauptverhandlung am 23. Februar 2016 im Verfahren AZ 36 Hv 36/15t des LG Krems an der Donau § 283 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB iSe Dauerdelikts (in objektiver Hinsicht) verwirklicht. Die gegenteilige, die Grundlagen für eine Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB (in objektiver Hinsicht) somit zu Unrecht bejahende Rechtsansicht des LG Krems an der Donau und des OLG Wien verletzt daher § 283 Abs 1 Z 2 und Abs 2 StGB.