11.01.2022 Zivilrecht

OGH: Zum Verbot der Hundehaltung in Mietwohnungen

Eine Verbotsklausel und ein inhaltlich nicht beschränkter Genehmigungsvorbehalt können nicht völlig unterschiedlich beurteilt werden, wenn der Genehmigungsvorbehalt impliziert, dass auch die Haltung von Kleintieren willkürlich verweigert werden könnte


Schlagworte: Mietrecht, Mietvertrag, Tierhaltung, Hundehaltung, Haustierhaltung, Verbot, Genehmigungsvorbehalt, Formular, Klausel, Unwirksamkeit, Sittenwidrigkeit
Gesetze:

 

§ 1098 ABGB, § 879 ABGB, Art 6 Klausel-RL

 

GZ 10 Ob 24/21h, 19.10.2021

 

OGH: Enthält der Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung, ist die Haltung der üblichen Haustiere (insbesondere Hunde und Katzen) idR erlaubt. Ein im Mietvertrag enthaltenes ausdrückliches Verbot, Hunde zu halten, wurde in der älteren Rsp generell für zulässig gehalten und berechtigte den Vermieter, auf Unterlassung der Hundehaltung zu klagen, unabhängig davon, ob im Einzelfall Probleme aufgetreten waren. Der OGH beurteilte aber ein generelles Haustierverbot in einem Formularmietvertrag als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB, soweit es auch artgerecht in Behältnissen gehaltene wohnungsübliche Kleintiere (wie Ziervögel, Zierfische, Hamster oder kleine Schildkröten) erfasst. Bei anderen Tieren kann aber dem Vermieter ein schützenswertes Interesse an einer Beschränkung nicht abgesprochen werden.

 

In der Praxis wird häufig - so wie vorliegend - im Mietvertrag ein Genehmigungsvorbehalt des Vermieters festgehalten: Die Haltung von Tieren ist nur zulässig, wenn der Vermieter sie genehmigt. Zwar schränkt ein absolutes Tierhaltungsverbot die Gebrauchsbefugnis eines Mieters noch stärker ein als die hier zu beurteilende Formularklausel, die die Haustierhaltung von einer im Ermessen des Vermieters stehenden Zustimmung abhängig macht. Allerdings würde auch ein kategorisches Verbot eine davon abweichende Zustimmung des Vermieters im Einzelfall nicht ausschließen. Eine Verbotsklausel und ein inhaltlich nicht beschränkter Genehmigungsvorbehalt können daher nicht völlig unterschiedlich beurteilt werden. Die zu beurteilende Klausel impliziert, dass auch die Haltung von Kleintieren (in artgerechter und üblicher Zahl) willkürlich, also ohne sachliche Gründe, verweigert werden könnte. Sie ist daher als gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB zu qualifizieren. Nach der Rsp des EuGH zur Klausel-RL kommt eine geltungserhaltende Reduktion nicht ausgehandelter missbräuchlicher Klauseln im Individualprozess über ein Verbrauchergeschäft nicht mehr in Frage. Aus diesem Grund muss die nichtige Vertragsbestimmung zur Gänze unberücksichtigt bleiben.

 

Damit ist das für die Verbraucherin (hier: die Mieterin) günstigere dispositive Recht anwendbar, in concreto § 1098 ABGB. Nach LuRsp zu § 1098 ABGB kommt es für die Frage, ob der Mieter im Einzelfall berechtigt ist, Haustiere zu halten, auf den Zweck des Vertrags, auf den Ortsgebrauch und auf die Verkehrssitte an. Danach ist das Halten der üblichen Haustiere, insbesondere von Hunden und Katzen, regelmäßig erlaubt, außer die Tierhaltung würde über das gewöhnliche Maß hinausgehen.