19.07.2022 Zivilrecht

OGH: § 579 ABGB – zur Frage, welche Qualität die Fortsetzung des Texts bei einem auf mehreren losen Blättern ohne äußeren Urkundenzusammenhang verfassten fremdhändigen Testament aufweisen muss, um den inneren Urkundenzusammenhang bejahen zu können

Die bloße Fortsetzung des Texts genügt bei einer nicht handschriftlich verfassten fremdhändigen letztwilligen Verfügung nicht zur Herstellung innerer Urkundeneinheit


Schlagworte: Erbrecht, fremdhändiges Testament, mehrere lose Blätter, innerer Urkundenzusammenhang
Gesetze:

 

§ 579 ABGB

 

GZ 2 Ob 29/22m, 26.04.2022

 

Am 21. 2. 2018 unterfertigte der Erblasser ein fremdhändiges Testament, mit dem er sämtliche früheren letztwilligen Verfügungen widerrief, die Zweit- bis Zehntantragsteller zu gleichen Teilen zu Erben ein- und Vermächtnisse aussetzte. Ein Notar nahm an diesem Tag einen Hausbesuch beim (sehr betagten) Erblasser vor, der sich in seiner Wohnung mit einem Rollator gut fortbewegen konnte. Der Notar nahm zum Termin einen (vorbesprochenen) Testamentsentwurf mit, der aus zwei losen, mit auf dem Computer geschriebenem Text bedruckten Blättern bestand. Der Text gliederte sich in fünf mit römischen Ziffern gekennzeichnete Abschnitte. Der letzte (nicht mit einer weiteren römischen Ziffer überschriebene) Absatz auf der Rückseite des ersten Blatts lautet:

 

„Vorstehendes Testament, welches mir in gleichzeitiger und ununterbrochener Gegenwart der drei ersuchten Zeugen […] des letzten Willens vorgelesen wurde, habe ich meinem letzten Willen entsprechend vollinhalt-“

 

Auf dem zweiten Blatt wird der Text wie folgt fortgesetzt:

 

„lich anerkannt und sodann eigenhändig vor ihnen und unter deren Mitfertigung unterschrieben.“

 

Danach folgen die Angabe von Ort und Datum, die handschriftliche Nuncupatio des Erblassers und dessen Unterschrift sowie die Unterschriften der drei Testamentszeugen samt handschriftlichem Zeugenzusatz.

 

OGH: Die Bejahung der für die Annahme der Formgültigkeit eines aus mehreren losen Blättern bestehenden fremdhändigen Testaments ausreichenden inneren Urkundeneinheit erfordert im (typischen) Fall einer nicht handschriftlich verfassten fremdhändigen letztwilligen Verfügung einen – vom Testator unterfertigten – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung. Die bloße Fortsetzung des Texts genügt hingegen bei einer nicht handschriftlich verfassten fremdhändigen letztwilligen Verfügung nicht zur Herstellung innerer Urkundeneinheit.