24.01.2012 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Ausbildungskostenrückersatz gem § 2d AVRAG – Zulässigkeit einer in Jahressprüngen vereinbarten Aliquotierung und einer pauschalen Vorwegvereinbarung des Ausbildungskostenrückersatzes?

Der Arbeitgeber muss mit dem Arbeitnehmer noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung über die Pflicht des Arbeitnehmers zum Kostenrückersatz erzielen; aus der Vereinbarung hat auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorzugehen


Schlagworte: Arbeitsvertragsrecht, Ausbildungskostenrückersatz, pauschale Vorwegvereinbarung des Rückersatzes von Ausbildungskosten, schriftliche Vereinbarung, jährliche Aliquotierung
Gesetze:

§ 2d AVRAG

GZ 9 ObA 125/11i, 21.12.2011

 

OGH: Zur Zulässigkeit einer in Jahressprüngen vereinbarten Aliquotierung wurde bereits in der Entscheidung vom 28. Juni 2011, 9 ObA 74/11i, unter ausführlicher Darstellung der Literatur dargelegt, dass eine Klausel über den Ausbildungskostenrückersatz, wonach die Ausbildungskosten anteilig im ersten Jahr nach Beendigung der Ausbildung zur Gänze, im zweiten Jahr zu zwei Dritteln und im dritten Jahr zu einem Drittel dem Dienstgeber zu erstatten sind, nicht § 2d Abs 3 Z 3 AVRAG widerspreche. Zu diesem Ergebnis ist auch das Berufungsgericht gelangt. Einer weiteren Auseinandersetzung bedarf es dazu nicht.

 

Zur pauschalen Vorwegvereinbarung des Rückersatzes von Ausbildungskosten:

 

Gem § 2d Abs 1 erster Satz AVRAG sind Ausbildungskosten die vom Arbeitgeber tatsächlich aufgewendeten Kosten für jene erfolgreich absolvierte Ausbildung, die dem Arbeitnehmer Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt, die dieser auch bei anderen Arbeitgebern verwerten kann.

 

Gem Abs 2 erster Satz leg cit ist eine Rückerstattung nur hinsichtlich von Ausbildungskosten nach Abs 1 in einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig.

 

Die Erläuterungen verweisen für die Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung auf die stRsp und hL, wonach die Rückzahlungsvereinbarung ua im Einzelfall weder in zeitlicher noch betragsmäßiger Wirkung das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers in sittenwidriger Weise erschweren darf. Weiters wird festgehalten, dass die Rückforderung des Entgelts nur zulässig ist, wenn diese in einer „eigenen Vereinbarung“ geregelt ist.

 

Unter objektiv-teleologischen Aspekten kann der Zweck einer solchen schriftlich abzuschließenden Vereinbarung nur darin gesehen werden, für den Arbeitnehmer Transparenz über die Bedingungen für den Rückersatz der Kosten seiner Ausbildung zu schaffen. Ihm soll ersichtlich sein, auf welche Verpflichtungen er sich künftig einlässt, weil er nur so die finanzielle Tragweite der Beendigung seines Dienstverhältnisses in jenem Zeitraum, für den eine Kostenerstattungspflicht vereinbart wurde, ermessen kann. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, kann auch nur so eine sittenwidrige Beschränkung der Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers vermieden werden.

 

Die Berücksichtigung dieses Gesetzeszwecks bedeutet aber, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung über die Pflicht des Arbeitnehmers zum Kostenrückersatz erzielen muss und aus der Vereinbarung auch die konkrete Höhe der zu ersetzenden Ausbildungskosten hervorzugehen hat.

 

Ob eine solche Vereinbarung bereits im Arbeitsvertrag selbst enthalten sein muss (in dem die Festlegung einer bestimmten Ausbildung allerdings nicht in jedem Fall bereits möglich sein wird), ob darin vorerst die Rahmenbedingungen für den Ausbildungskostenrückersatz bei späterer schriftlicher Konkretisierung festgehalten sein dürfen oder ob die Vereinbarung auch erst vor der konkreten Ausbildung getroffen werden kann, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil die Beklagte mit dem Kläger - entgegen ihrer eigenen Vereinbarung im Dienstvertrag („ … über deren Höhe im Einzelnen Einvernehmen erzielt werden muss“) - zu keinem Zeitpunkt vor den Ausbildungsveranstaltungen eine schriftliche Vereinbarung getroffen hat, aus der die konkrete Kostenersatzpflicht des Klägers hervorginge.

 

In Ermangelung einer solchen sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte nicht zum Einbehalt der anteiligen Ausbildungskosten berechtigt war.