06.08.2012 Strafrecht

OGH: Versuchter Landzwang nach §§ 15, 275 StGB iZm auf youtube veröffentlichtem Video

Allgemeine Ausführungen


Schlagworte: Landzwang, (absolut untauglicher) Versuch, auf youtube veröffentlichtes Video
Gesetze:

§ 275 StGB, § 15 StGB

GZ 14 Os 59/12a, 10.07.2012

 

Mit dem angefochtenen Urteil wurde E des Vergehens des Landzwangs nach §§ 15, 275 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er im September 2011 in B die Bevölkerung durch eine Drohung mit einem Angriff auf Leben und Gesundheit in Furcht und Unruhe zu versetzen versucht, indem er auf der Internetseite „youtube“ unter Bezugnahme auf die Amokläufe von Winnenden/Deutschland und Utoya/Norwegen einen Amoklauf mit mindestens 50 Toten und einen solchen mit mindestens 300 Toten ankündigte.

 

OGH: Ihre Überzeugung vom konstatierten Bedeutungsinhalt stützten die Tatrichter - hinreichend deutlich - auf den Wortlaut der im Internet veröffentlichten Kommentare, insbesonders die darin enthaltene Bezugnahme auf die weltweit bekannt gewordenen Amokläufe der mutmaßlichen Täter Anders B***** und Tim K***** in Utoya/Norwegen und Winnenden/Deutschland, deren Glorifizierung unter dem verwendeten Usernamen (B*****) und die weiteren Ausführungen im Userprofil (Interessen: „torture and killing“) im Verein mit der teilweisen Verwendung der deutschen Sprache, woraus sie ebenso mängelfrei auf einen den gesamten deutschen Sprachraum, sohin auch die österreichische Bevölkerung, umfassenden Adressatenkreis schlossen. Die daran anknüpfende Ableitung der subjektiven Tatseite aus der Veröffentlichung sowohl des in Rede stehenden Profils als auch des - gezielt zu einem Video mit einer hohen Anzahl von Aufrufen abgegebenen - Kommentars auf einem weltweit zugänglichen Internet-Videoportal von enormem Bekanntheitsgrad („youtube.com“) trotz bereits zuvor erfolgter Warnungen eines Users hinsichtlich der strafrechtlichen Relevanz derartiger Äußerungen und der daraus gezogene Schluss auf eine vom Angeklagten angestrebte möglichst große - die Bevölkerung Österreichs inkludierende - Reichweite der Drohung sind unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit ebenso wenig zu beanstanden.

 

Mit dem Einwand fehlender Feststellungen dazu, ob die dem Angeklagten angelasteten Drohungen objektiv geeignet waren, die Bevölkerung Österreichs in Furcht und Unruhe zu versetzen, übersieht die Rechtsrüge, dass die angesprochene Eignung Gegenstand der rechtlichen Beurteilung ist. Sie wäre daher im Rahmen der Rechtsrüge nur insoweit zu bekämpfen, als aufgrund aller hiezu im Urteil getroffenen Konstatierungen darzulegen wäre, warum die veröffentlichten Drohungen - entgegen der ausdrücklich auf den Urteilsfeststellungen beruhenden Annahme der Tatrichter - im vorliegenden Fall nicht ausreichen sollten, diese Eignung zu begründen. Eine solche Argumentation unterlässt die Rüge aber, indem sie sich in eigenständigen Beweiswertüberlegungen erschöpft.

 

Die in diesem Zusammenhang aufgestellte Behauptung absoluter Versuchsuntauglichkeit mangels expliziter Bezugnahme auf Österreich in den inkriminierten Veröffentlichungen wird nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleitet. Im Übrigen würde ein absolut untauglicher Versuch voraussetzen, dass die einem Tatbestand entsprechende Sachverhaltsverwirklichung bei generalisierender Betrachtung, also losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls geradezu denkunmöglich ist, sohin unter keinen Umständen erwartet werden kann, wovon bei der hier inkriminierten - auch in deutscher Sprache erfolgten - Ankündigung eines Amoklaufs mit 50 bis 300 Toten auf einer weltweit zugänglichen und damit auch die österreichische Bevölkerung als Adressatenkreis umfassenden Internetplattform von enormen Bekanntheitsgrad keine Rede sein kann.