10.09.2012 Zivilrecht

OGH: Antrag auf gerichtliche Bestätigung der Pflegeelternschaft in § 186 ABGB?

Die Pflegeelterneigenschaft nach § 186 ABGB ist kraft Gesetzes gegeben, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, nämlich die geforderte persönliche, emotionale Beziehung einerseits und die tatsächliche (gänzliche oder teilweise) Besorgung der Pflege und Erziehung andererseits vorliegen; maßgebend sind die faktischen Verhältnisse; ein Anspruch auf „Bestätigung bzw Feststellung der Pflegeelterneigenschaft“ kann weder aus § 186 ABGB noch aus § 186 AußStrG abgeleitet werden


Schlagworte: Familienrecht, Pflegeeltern, Antrag auf gerichtliche Bestätigung
Gesetze:

§ 186 ABGB, § 228 ZPO

GZ 8 Ob 62/12v, 28.06.2012

 

OGH: Gem § 186 ABGB sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahekommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Sie haben das Recht, in dem die Person des Kindes betreffenden Verfahren Anträge zu stellen.

 

Die Umschreibung des Begriffs „Pflegeeltern“ knüpft an zwei Merkmale an, und zwar an einer persönlichen, emotionalen Beziehung einerseits und an einer tatsächlichen (gänzlichen oder teilweisen) Besorgung der Pflege und Erziehung andererseits, was wiederum eine rechtmäßige und regelmäßige Betreuung voraussetzt. Die Pflegeelterneigenschaft nach § 186 ABGB ist kraft Gesetzes gegeben, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale vorliegen. Dies gilt auch für die Beendigung der Pflegeelterneigenschaft. Maßgebend sind die faktischen Verhältnisse. Auf die Art des Begründungsaktes oder auf die Rechtsgrundlage dafür kommt es nicht an.

 

Den Vorinstanzen ist darin zuzustimmen, dass eine gerichtliche Bestätigung der Pflegeelterneigenschaft im ABGB nicht vorgesehen ist. Es trifft daher zu, dass die Pflegeelterneigenschaft erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde im Einzelfall als Vorfrage zu beurteilen ist.

 

Abgesehen davon, dass die von den Antragstellerinnen begehrte Feststellung der Pflegeelterneigenschaft der Zweitantragstellerin in Wirklichkeit auf eine materielle Anerkennung dieses Rechtsverhältnisses abzielt, ist die vorliegende Konstellation mit dem (formellen) Regelungsgehalt des § 228 ZPO nicht vergleichbar. Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber scheitert ihr Antrag nicht an der unterschiedlichen Verfahrensart. Der von ihnen verlangte Analogieschluss, den sie selbst nicht näher zu begründen vermögen, ist nicht gerechtfertigt.

 

Auch eine Amtsbestätigung nach § 186 AußStrG steht den Antragstellerinnen im gegebenen Zusammenhang nicht zur Verfügung, weil sich die Ausstellung einer derartigen Bestätigung auf eine reine Beurkundungstätigkeit des Außerstreitgerichts reduziert. Demgegenüber bezieht sich die von den Antragstellerinnen begehrte Anerkennung der Pflegeelterneigenschaft der Zweitantragstellerin auf eine rechtliche Qualifikation ihrer Stellung zum Kind und damit auf ein Rechtsverhältnis zu diesem und nicht auf reine Tatsachen.

 

Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs scheitert die Ausstellung einer Amtsbestätigung iSd § 186 AußStrG nach der Beurteilung der Vorinstanzen nicht daran, dass das „anzuerkennende Rechtsverhältnis“ dem Gericht aktenmäßig nicht bekannt sei. Bei dem darauf Bezug nehmenden Hinweis des Rekursgerichts handelt es sich um einen für die rechtliche Beurteilung unbedeutenden Zusatz.