29.10.2012 Strafrecht

OGH: Hausdurchsuchung bei Parteienvertretern

Vom Berufsgeheimnis nicht umfasstes (zB schon existent gewesenes, beim Parteienvertreter hinterlegtes) Beweismaterial kann Gegenstand einer Durchsuchungsanordnung gem §§ 119 Abs 1, 120 Abs 1 StPO sein


Schlagworte: Hausdurchsuchung, Aussageverweigerung, Parteienvertretern
Gesetze:

§ 119 StPO, § 120 StPO, § 157 Abs 1 Z 2 StPO, § 144 StPO

GZ 13 Os 66/12y, 18.10.2012

 

OGH: Informationen, die einem nicht dringend tatverdächtigen (vgl § 144 Abs 3 StPO) Parteienvertreter iSd § 157 Abs 1 Z 2 StPO in dieser Eigenschaft bekannt geworden sind, dürfen - aufgrund des in §§ 157 Abs 2, 144 Abs 2 StPO normierten Umgehungsverbots - im Weg einer Ermittlungsmaßnahme nach dem 8. Hauptstück der StPO (hier: nach dem gem § 195 Abs 1 FinStrG auch im gerichtlichen Finanzstrafverfahren geltenden § 119 Abs 1 StPO) nicht beschafft werden. Wie die Generalprokuratur zutreffend darlegt, resultiert daraus kein generelles Durchsuchungsverbot in Bezug auf Räumlichkeiten des genannten Personenkreises. Vom Berufsgeheimnis nicht umfasstes (zB schon existent gewesenes, beim Parteienvertreter hinterlegtes) Beweismaterial kann daher Gegenstand einer Durchsuchungsanordnung gem §§ 119 Abs 1, 120 Abs 1 StPO sein, was auch die nur auf gesetzlich anerkannte Verschwiegenheitspflichten (und -rechte) abstellende Vorschrift des § 112 StPO unterstreicht.

 

Indem das OLG die - nach Verneinung des dringenden Tatverdachts gegen Dr. H - weiters gebotene Prüfung unterließ, ob aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich an den zu durchsuchenden Orten auch nicht dem Berufsgeheimnisschutz des Beschuldigten unterliegende Gegenstände befinden, die sicherzustellen sind (§ 119 Abs 1 iVm §§ 144 Abs 2, 157 Abs 1 Z 2 StPO), verletzte es § 119 Abs 1 StPO.

 

Gem (dem im gerichtlichen Finanzstrafverfahren zufolge § 195 Abs 1 FinStrG geltenden) § 106 Abs 2 zweiter Satz StPO hat das Beschwerdegericht, soweit gegen die Bewilligung einer Ermittlungsmaßnahme Beschwerde erhoben wird, auch über einen - nach § 106 Abs 2 erster Satz StPO mit diesem Rechtsmittel zu verbindenden - Einspruch zu entscheiden. Die Absicht des Gesetzgebers, dass über die Behauptung von Rechtsverletzungen sowohl bei Bewilligung als auch bei Anordnung oder Durchführung ein und derselben Ermittlungsmaßnahme das Beschwerdegericht abzusprechen hat, ergibt sich bereits eindeutig aus der Genese dieser zur Erreichung des genannten Zwecks durch das Strafprozessreformbegleitgesetz I, BGBl I 2007/93, geänderten Vorschrift.

 

Durch die demnach verfehlte Ablehnung seiner Zuständigkeit zur Entscheidung über den - mit der Beschwerde gegen die Bewilligung der Hausdurchsuchung verbundenen - Einspruch des Beschuldigten Mag. G wegen rechtswidriger Durchführung der Hausdurchsuchung und die aus diesem Grund verfügte Überweisung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verletzte das OLG § 106 Abs 2 zweiter Satz StPO.

 

Ein aus den aufgezeigten Gesetzesverletzungen resultierender Nachteil der Beschuldigten ist nicht auszumachen, sodass es mit deren Feststellung sein Bewenden hat. Bezüglich der Ansicht der Generalprokuratur, wonach im Fall der Bewilligung der in Rede stehenden Durchsuchungsanordnungen durch das OLG auch entlastendes Beweismaterial hätte hervorgebracht werden können, genügt der Hinweis, dass Beschuldigte jederzeit berechtigt sind, solche Gegenstände dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft vorzulegen (vgl §§ 7 Abs 1, 49 StPO).