12.11.2012 Zivilrecht

OGH: Andauernde Zweifel an einer natürlichen Ursache für den Tod des Sohnes – Schockschaden iSd § 1325 ABGB?

Anhaltende Zweifel der Eltern am Ergebnis eines Obduktionsgutachtens, das die Ursache des Todes ihres Kindes nicht klärte, sind bei objektiv-typisierender Betrachtung in ihrer Eignung, einen „Schockschaden“ herbeizuführen, mit den Fällen eines unerwarteten Todes-/Verletzungsfalls nicht gleichzusetzen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Schmerzengeld, nahe Angehörige, Schockschaden, anhaltende Zweifel der Eltern am Ergebnis eines Obduktionsgutachtens, Sachverständigenhaftung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1325 ABGB, § 1299 ABGB

GZ 1 Ob 171/12x, 11.10.2012

 

OGH: Die Kläger behaupten, wegen der andauernden Zweifel an einer natürlichen Ursache für den Tod ihres Sohnes depressive Störungen mit Krankheitswert erlitten zu haben. Bei diesen Schäden ist zu prüfen, ob der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen ist. Dabei bietet es sich an, die in der Judikatur entwickelten Kriterien zur Haftung für „Schockschäden“ als Anhaltspunkt für die Eingrenzung des sachlichen Schutzzwecks heranzuziehen. Maßgebliches Kriterium für die Erfassung der Schadenersatzansprüche von Angehörigen für „Schockschäden“ ist nach stRsp, dass die Verletzungshandlung gegenüber dem Angehörigen typischerweise in hohem Maß geeignet scheint, einen „Schockschaden“ herbeizuführen. Dies wurde in Fällen bejaht, in denen die Nachricht vom (plötzlichen) Tod eines nahen Angehörigen oder von dessen schwerster Verletzung eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert zur Folge hatte. Anhaltende Zweifel der Eltern am Ergebnis eines Obduktionsgutachtens, das die Ursache des Todes ihres Kindes nicht klärte, sind bei objektiv-typisierender Betrachtung in ihrer Eignung, einen „Schockschaden“ herbeizuführen, mit diesen Fällen eines unerwarteten Todes-/Verletzungsfalls nicht gleichzusetzen. Eine Haftung der gerichtsmedizinischen Sachverständigen ist somit wegen des fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhangs zu verneinen.