17.12.2012 Strafrecht

OGH: Verfehlungen (hier: verspätete, im Zustand schwerer Alkoholisierung erfolgte Rückkehr von einem Ausgang nach § 147 StVG), des Strafgefangenen nach Rechtskraft der seine bedingte Entlassung bewilligenden Entscheidung – Widerruf der bedingten Entlassung?

Lässt sich der bereits rechtskräftig bedingt Entlassene (bloße) Ordnungswidrigkeiten iSd § 107 StVG zu schulden kommen, sind diese nach den Bestimmungen des StVG zu ahnden, wonach - ausschließlich - die Abmahnung (§ 108 Abs 1 StVG) sowie die in § 109 StVG taxativ genannten Strafen in Betracht kommen


Schlagworte: Bedingte Entlassung, Verfehlungen, verspätete Rückkehr von einem Ausgang, kein Widerruf, Wiederaufnahme
Gesetze:

§ 46 StGB, § 152 StVG, § 147 StVG, § 107 StVG, § 108 StVG, § 109 StVG, § 53 StGB, §§ 352 ff StPO

GZ 11 Os 122/12v, 25.09.2012

 

OGH: Der Strafgefangene ist nach Rechtskraft des Beschlusses, mit dem seine bedingte Entlassung bewilligt worden war, von einem ihm gem § 147 StVG gewährten Ausgang nicht unverzüglich in die Justizanstalt zurückgekehrt und hat im Zuge seiner sechs Tage währenden Flucht Alkoholmissbrauch betrieben. Es ist daher im Gegenstand zu beurteilen, welche Rechtsfolgen Verfehlungen, die ein Strafgefangener nach Rechtskraft der seine bedingte Entlassung bewilligenden Entscheidung, aber vor seiner tatsächlichen Enthaftung begeht, nach sich ziehen können.

 

Gem § 49 erster Satz StGB beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, mit der die bedingte Entlassung ausgesprochen worden ist, die Probezeit. Wenngleich darin Zeiten behördlicher Anhaltung nicht eingerechnet werden (§ 49 erster Satz StGB), steht eine während einer solchen begangene strafbare Handlung gem § 53 Abs 1 letzter Satz StGB einer in der Probezeit verübten gleich.

 

Für den Fall, dass der bereits rechtskräftig bedingt Entlassene während der (verbleibenden) Strafhaft neuerlich eine gerichtlich strafbare Handlung begeht, sieht § 53 Abs 1 StGB - allerdings nur unter den dort abschließend geregelten Voraussetzungen - den Widerruf der bedingten Entlassung vor.

 

Lässt er sich hingegen (bloße) Ordnungswidrigkeiten iSd § 107 StVG zu schulden kommen, sind diese nach den Bestimmungen des StVG zu ahnden, wonach - ebenso ausschließlich - die Abmahnung (§ 108 Abs 1 StVG) sowie die in § 109 StVG taxativ genannten Strafen in Betracht kommen.

 

Damit trifft das Gesetz all diese Fälle erfassende, abschließende Regelungen. Eine planwidrige Lücke, die bei Bekanntwerden solcher - nachträglich eingetretener - Umstände (mögen diese auch inhaltlich geeignet erscheinen, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannte Tatsachengrundlage entscheidend zu erschüttern und damit den längeren Vollzug der Strafe zu begründen) zur analogen Anwendung der Bestimmungen des 16. Hauptstücks der StPO über die Wiederaufnahme des Strafverfahrens zum Nachteil des Angeklagten (§§ 352 ff) gegen den die bedingte Entlassung bewilligenden Beschluss führen könnte, ist daher nicht auszumachen.