15.04.2013 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Auslegung des § 21 Abs 4 PSG

§ 21 Abs 4 PSG ist § 276 UGB nachempfunden; wie bei § 276 UGB ist zu fordern, dass sich die Meinungsverschiedenheit auf einen konkreten Sachverhalt im Zuge einer bestimmten Prüfung oder Prüfungshandlung bezieht; es darf sich somit nicht bloß um eine von einem konkreten Sachverhalt losgelöste, rein abstrakte Rechtsfrage handeln; liegt die Meinungsverschiedenheit außerhalb des Gegenstands und Umfangs der Prüfung (§ 21 Abs 1 PSG iVm § 269 Abs 1 UGB) oder bleibt sie ohne Einfluss auf deren Verlauf und Ergebnis, so besteht kein Anlass für eine Entscheidung durch das Gericht


Schlagworte: Unternehmensrecht, Privatstiftung, Stiftungsprüfer, Stiftungsorgan, Abschlussprüfer, Stiftungszweck, Meinungsverschiedenheit, Stiftungsurkunde, Zustimmungsvorbehalt, Prüfung, Insichgeschäft, Rahmenvertrag, Tochtergesellschaft, Rechtsgeschäfte der Privatstiftung, Vergütung von Vorstandsmitglieder, Interessenskollision
Gesetze:

§ 21 Abs 4 PSG, § 14 Abs 1 PSG, § 17 Abs 5 PSG , § 276 UGB, § 28 Abs 1 BWG, § 25 Abs 4 GmbHG, § 97 AktG

GZ 6 Ob 135/12i, 27.02.2013

OGH: Aufgrund der besonderen Systematik der Stiftungsprüfung, des Umstands, dass der Gesetzgeber die in § 276 UGB vorgesehene Einschränkung ausdrücklich nicht übernommen hat, und der über die Tätigkeit eines Abschlussprüfers hinausgehenden Befugnisse des Stiftungsprüfers kann die Einschränkung des § 276 UGB im PSG nicht - insbesondere auch nicht analog - gelten. Folglich können insbesondere auch Auslegungsfragen des in der Stiftungserklärung festgehaltenen Stiftungszwecks gerichtlich geklärt werden. Gerade eine derartige Klärung ermöglicht es dem Stiftungsprüfer überhaupt erst, seine generelle Prüfungsbefugnis als Kontrollorgan wahrzunehmen. Insbesondere die Frage der Erfüllung des Stiftungszwecks kann in großem Maße Unsicherheiten in sich bergen, die einerseits in der Natur des Stiftungszwecks, andererseits aber auch in der Qualität der Formulierung der Stiftungsurkunde begründet sein können.

Organisationsrechtliche Bestimmungen einer Stiftungsurkunde sind nach ihrem Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv auszulegen. Dabei ist wegen möglicher Interessen Dritter einer am Wortlaut orientierten Auslegung der Vorrang einzuräumen. Zum organisationsrechtlichen Teil der Stiftungsurkunde gehören auch die hier gegenständlichen Zustimmungsvorbehalte des Beirats gem § 8 Abs 2 der Stiftungsurkunde.

Das GmbH-Recht gebietet nicht die analoge Anwendung des Zustimmungsvorbehalts auf die vorliegenden Verträge. Nach stRsp erfordert die Wirksamkeit eines Insichgeschäfts zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und dieser, dass - ungeachtet der sonstigen Regelungen der Vertretung - alle übrigen Geschäftsführer zustimmen; ist nur ein einziger Geschäftsführer bestellt, dann muss entweder ein allfälliger Aufsichtsrat zustimmen, oder die Gesellschafter selbst müssen die Genehmigung erteilen.

§ 17 Abs 5 PSG ist dem Wortlaut nach sehr eng gefasst und erfasst nur Rechtsgeschäfte zwischen einem Mitglied des Stiftungsvorstands und der Privatstiftung, ist aber nicht auch auf sonstige, dem betroffenen Vorstandsmitglied nahestehende Personen auszudehnen.

Der Zustimmungsvorbehalt entspricht keiner einschlägigen Norm des Gesellschafts- oder Privatstiftungsrechts, das Interessenkollisionen verhindern oder auflösen will. Dies bedeutet, dass der Stifter mit dem Zustimmungsvorbehalt eine über gesetzliche Vorschriften hinausgehende zusätzliche Absicherung bei Interessenkollisionen zwischen der Stiftung und (in casu) Angehörigen von Stiftungsvorstandsmitgliedern normieren wollte.

Dass eine Privatstiftung Liegenschaften erwirbt und in der Folge verwaltet (wozu auch Bau- und Renovierungsarbeiten gehören), ist keine gewerbsmäßige Tätigkeit, die § 1 Abs 2 Z 1 PSG widerspräche. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist der Privatstiftung jedenfalls gestattet. Zur Vermögensverwaltung gehört auch die Befugnis, Vermögen im Rahmen des Stiftungszwecks umzuschichten, was auch den Erwerb von Liegenschaften einschließt.

Aber nicht alle im Rahmenvertrag genannten Vertragsgegenstände unterliegen automatisch dem Zustimmungsvorbehalt, wie insbesondere die „Begleitung und Beratung bei der Vorbereitung von Konzerten und anderen Veranstaltungen, sowie bei der Werbung für solche und bei der Durchführung“. Die (nicht bloß einmalige, sondern dauerhaft beabsichtigte) Organisation von kulturellen Veranstaltungen (etwa in den stiftungseigenen Immobilien) könnte nämlich durchaus eine gewerbsmäßige Tätigkeit darstellen, die der Privatstiftung gem § 1 Abs 2 Z 1 PSG verboten ist, wenn es sich nicht nur um eine Nebentätigkeit handelt. Eine solche Tätigkeit könnte und müsste diesfalls die Tochtergesellschaft ausüben.