17.01.2014 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Anwendbarkeit des Schenkungswiderrufes wegen groben Undanks (§ 948 ABGB) auf Nachstiftungen

Da sich ein Geschenkgeber auch von einer Privatstiftung eine „gewisse Dankbarkeit“ erwarten darf, ist § 948 ABGB über den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks nach seinem Zweck auf (echte) Nachstiftungen anwendbar


Schlagworte: Schenkungswiderruf, Nachstiftung, Privatstiftung, Zustiftung, Widerruf, Schenkung, grober Undank
Gesetze:

§ 948 ABGB, § 1 PSG

GZ 10 Ob 22/13b, 4.11.2013

 

OGH: Nachträgliche Vermögenswidmungen durch den Stifter außerhalb von Stiftungs- und Stiftungszusatzurkunde bezeichnet man als „Nachstiftungen“. Diese stellen eine Form der Zustiftung dar, die der Annahme durch die Stiftung bedarf. Die (echte) Nachstiftung ist somit als zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen dem Stifter und der bereits existierenden Privatstiftung zu verstehen. Wenngleich gesellschaftsrechtl Vereinbarungen idR mangels Freigiebigkeit keine Schenkungen darstellen, liegt der durch eine Nachstiftung bewirkten Vermögenszuwendung grds ein altruistisches Element zugrunde, da der Stifter von der Stiftung keine Gegenleistung erhält. Ein altruistisches Element bei der Vermögensübertragung kann im Einzelfall aber auch fehlen, wenn sich ein Stifter umfassende Einwirkungsmöglichkeiten, etwa das Widerrufs- und Änderungsrecht und die Letztbegünstigtenstellung, vorbehalten hat. Da sich ein Geschenkgeber auch von einer Privatstiftung eine „gewisse Dankbarkeit“ erwarten darf, ist § 948 ABGB über den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks nach seinem Zweck auf (echte) Nachstiftungen anwendbar.

 

Voraussetzung für einen erfolgreichen Schenkungswiderruf ist, dass sich der Beschenkte gegenüber dem Geschenkgeber eines groben Undanks schuldig macht (§ 948 Satz 1 ABGB). Grober Undank setzt eine Straftat des Beschenkten gegenüber dem Geschenkgeber voraus, die eine Verletzung am Leib, an der Ehre, der Freiheit oder am Vermögen darstellt. Nicht schon jede strafbare Handlung stellt groben Undank dar, sondern nur eine solche, die nach herrschenden Anschauungen als eine solche Vernachlässigung der Dankespflicht gilt, die eine Entziehung des Geschenks rechtfertigt. Dabei darf die Beurteilung des zum Anlass des Widerrufs genommenen Verhaltens nicht für sich allein vorgenommen werden; es ist vielmehr eine Gesamtbeurteilung aller Umstände erforderlich. Ferner muss dem Beschenkten bewusst sein, dass er den Schenker kränkt; erforderlich ist der Nachweis eines Verschuldens des Beschenkten. Das Fehlverhalten muss eine beachtliche Störung der durch den Schenkungsakt entstandenen inneren Verbundenheit darstellen. Auch Schenkungen gegenüber einer GmbH oder AG können widerrufen werden, wenn der grobe Undank als ein der Gesellschaft zurechenbares Organhandeln gewertet werden kann.