21.09.2014 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zustimmung zur Kündigung nach § 10 Abs 4 MSchG (iZm behauptetem Wegfall des Arbeitsplatzes)

Der Dienstgeber ist verpflichtet, die Dienstnehmerin nach Ablauf des Karenzurlaubs in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war; der Dienstgeber hat alle Umstände zu behaupten und zu beweisen, die für die Annahme des Ausnahmetatbestandes "betrieblicher Erfordernisse" der Kündigung wesentlich sind; es widerspräche dem Zweck des MSchG, wenn der Dienstgeber selbst den Kündigungsgrund alleine durch die unbefristete Nachbesetzung der Stelle herstellen könnte


Schlagworte: Mutterschutz, Kündigungsschutz, Ersatzkraft, gleiche Verwendung, betriebliche Erfordernisse, Wegfall des Arbeitsplatzes
Gesetze:

§ 10 MSchG, § 15 MSchG

GZ 9 ObA 50/14i, 25.06.2014

 

Die Klägerin stützt ihr Begehren ausschließlich auf die betriebsbedingte Kündigungsmöglichkeit des § 10 Abs 4 2. Fall MSchG (betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Dienstnehmerin entgegenstehen; Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses für den Dienstgeber).

 

OGH: Die Frage, ob es sich noch um denselben Arbeitsplatz gehandelt hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.

 

Die Vorinstanzen kamen aufgrund des Umstands, dass sich der Arbeitsplatz der Beklagten zwar insofern geändert hat, als die Verkaufsabteilung nun rund zwanzig statt bisher zehn Mitarbeiter und drei statt bisher ein Hotel umfasst, der Aufgabenbereich im Übrigen aber unverändert blieb und auch an derselben Örtlichkeit und mit denselben Betriebsmitteln verrichtet wird, zum Schluss, dass es sich um denselben Arbeitsplatz handelte. Dies ist in der konkreten Konstellation vertretbar. Schon deshalb ist die Argumentation der Klägerin, dass der bisherige Arbeitsplatz der Beklagten weggefallen sei und deshalb eine betriebsbedingte Kündigung vorliege, nicht zutreffend. Da überdies nicht festgestellt werden konnte, warum die Zusammenlegung der drei Verkaufsabteilungen beschlossen wurde, die Klägerin für das Vorliegen der betrieblichen Erfordernisse jedoch behauptungs- und beweispflichtig ist, muss auch die Negativfeststellung zu ihren Lasten gehen.

 

Warum der Klägerin eine nur interimistische Besetzung der Stelle nicht zumutbar gewesen sei, ist nicht ersichtlich, kann doch auch ein für eine höhere Position begründetes Dienstverhältnis mit einer Ersatzkraft so abgeschlossen werden, dass es mit der Rückkehr der karenzbedingt vorübergehend abwesenden Dienstnehmerin beendet (Befristung oder Kündigung) oder gegebenenfalls in seinem zeitlichen Ausmaß auf die Ergänzung der Teilzeitbeschäftigung eingeschränkt wird. Die Problematik, dass sich die Ersatzkraft uU über einen Zeitraum von mehreren Jahren in der neuen Position - so die Klägerin - „hervorragend bewährt“ hat, jene Arbeitnehmerin, die karenzbedingt abwesend war, aber ihr Recht auf Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nehmen will, hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen und ohne Einschränkung für Positionen wie jene der Beklagten generell zu Gunsten von Teilzeitbeschäftigten entschieden. Es widerspräche daher dem Zweck des MSchG, wenn der Dienstgeber selbst den Kündigungsgrund alleine durch die unbefristete Nachbesetzung der Stelle herstellen könnte.

 

Unter diesen Gesichtspunkten kommt es mangels betrieblicher Erfordernisse nicht mehr darauf an, ob die Beklagte zur Annahme der ihr alternativ angebotenen Stelle eines „Director of Training“ verpflichtet war. Auch dabei ist aber zu bedenken, dass der Dienstgeber verpflichtet ist, die Dienstnehmerin nach Ablauf des Karenzurlaubs in der gleichen Verwendung weiter zu beschäftigen, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war, wird doch der Arbeitsvertrag durch die Karenz nur insofern abgeändert, als für einen befristeten Zeitraum die Arbeits- und die Entgeltpflicht ruhen.

 

Die Argumentation der Klägerin, dass mehrfache Mutterschutz- und Karenzphasen zu problematischen Kettenbefristungen führen könnten, wäre an der Rsp zur Rechtmäßigkeit sozial oder wirtschaftlich gerechtfertigter Kettenarbeitsverträge zu messen. Das mit der Ersatzkraft der Beklagten - hier ohnehin unbefristet - abgeschlossene Dienstverhältnis ist jedoch nicht verfahrensgegenständlich.