30.12.2014 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Anwendung des § 333 ASVG, wenn der Beschäftiger vom Überlasser auf Schadenersatz aufgrund der dem verletzten Arbeitnehmer geleisteten Lohnfortzahlung in Anspruch genommen wird?

Der Beschäftiger kann bei einem Arbeitsunfall eines ihm überlassenen Arbeitnehmers auch gegenüber dem Überlasser einem von diesem wegen Lohnfortzahlung geltend gemachten Anspruch das Haftungsprivileg des § 333 ASVG entgegenhalten


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Dienstgeberhaftungsprivileg, Arbeitskräfteüberlassung
Gesetze:

§ 333 ASVG, § 7 AÜG

GZ 2 Ob 73/14w, 23.10.2014

 

OGH: Der OGH vertritt in den sog Lohnfortzahlungsfällen seit der Grundsatzentscheidung 2 Ob 21/94 in stRsp die Rechtsansicht, dass es aufgrund einer gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht (zB § 8 AngG, § 2 EFZG) zu einer bloßen Verlagerung des Schadens auf den Dienstgeber des Verletzten kommt. Der entsprechende Ersatzanspruch gegen den Schädiger geht analog § 1358 ABGB, § 67 VersVG mit der Lohnfortzahlung auf den Dienstgeber über. Der Schädiger hat daher dem Dienstgeber den auf ihn überwälzten Schaden des Dienstnehmers zu ersetzen und nicht einen eigenen Schaden des Dienstgebers aus dem Ausfall der Arbeitskraft.

 

Die beklagte Partei hält der ihr gegenüber geltend gemachten Haftung für die geleistete Lohnfortzahlung das Dienstgeberhaftungsprivileg des § 333 ASVG entgegen.

 

In § 7 Abs 2 AÜG ist ausdrücklich festgehalten, dass § 332 Abs 5 und § 333 ASVG auch für die überlassenen Arbeitskräfte gelten. Der Hinweis auf § 333 ASVG in § 7 Abs 2 AÜG erfolgte durch die Novelle des AÜG mit dem BGBl I 2012/98. Wenngleich diese Fassung erst am 1. 1. 2013 (also nach dem gegenständlichen Unfall) in Kraft trat, war auch schon bisher anerkannt, dass sich der Beschäftiger nach dem AÜG gegenüber den überlassenen Dienstnehmern auf § 333 ASVG berufen kann. Auch den Materialien zur Novelle des AÜG ist zu entnehmen, dass die Ergänzung des § 7 Abs 2 AÜG lediglich der Klarstellung gedient habe und der bisherigen Judikatur entspreche.

 

Der Haftungsausschluss gilt aber nicht nur dann, wenn der geschädigte Arbeitnehmer selbst Ansprüche gegenüber dem Schädiger geltend macht, sondern auch für den Fall, dass der Dienstgeber den Ersatz des aufgrund Lohnfortzahlung auf ihn überwälzten Schaden des Arbeitnehmers begehrt. So hat etwa der erkennende Senat in der Entscheidung 2 Ob 276/04h bereits bejaht, dass dem klagenden Arbeitgeber das Haftungsprivileg hinsichtlich seiner aus der Lohnfortzahlung an geschädigte Arbeitnehmer resultierenden Ersatzansprüche grundsätzlich entgegengehalten werden kann, während dies für eigene Ansprüche des Arbeitgebers (zB Gebäudeschaden, Erzeugungsausfall etc) verneint wurde.

 

Das zwischen den Streitteilen bestehende Vertragsverhältnis hindert nicht die Anwendung des § 333 ASVG. Zum einen ergeben sich die aus dem Überlassungsvertrag (eingangs referierten) vertraglichen Verpflichtungen ohnedies bereits aus dem AÜG (vgl § 6 AÜG). Zum anderen ändert ein Verstoß gegen eine auch vertraglich abgesicherte Fürsorgepflicht der beklagten Partei nichts daran, dass es sich bei dem eingetretenen Schaden um einen solchen des verletzten Dienstnehmers handelt, der lediglich auf die klagende Partei übergegangen ist.