19.05.2015 Zivilrecht

OGH: Sturmbedingter Baumsturz nahe der Kletterroute – Haftung eines Klettervereins nach § 1319a ABGB?

Die Rechtsansicht, dass hier mangels entsprechender Anzeichen (keine Versperrung des Zugangswegs durch umgefallene Bäume, keine bedrohlich zum Kletterfelsen hängende Bäume) nicht auch der felsnahe Baumbestand in die Überprüfung des im Wald befindlichen Klettersteigs miteinbezogen werden musste, um Schäden aus einem sturmbedingten Baumsturz vorzubeugen, bewegt sich im Rahmen der Rsp und ist auf Basis des festgestellten Sachverhalts vertretbar


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Wegehalterhaftung, Kletterverein, sturmbedingter Baumsturz, Maßnahme, Zumutbarkeit
Gesetze:

 

§ 1319a ABGB

 

GZ 9 Ob 4/15a, 25.02.2015

 

OGH: Alle angelegten Wanderwege, alpinen Steige und versicherte Klettersteige sind Wege iSd § 1319a ABGB. Welche Maßnahme der Wegehalter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich gem § 1319a Abs 2 letzter Satz ABGB danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist. Das Merkmal der Zumutbarkeit erfordert die Berücksichtigung dessen, was nach allgemeinen und billigen Grundsätzen vom Halter erwartet werden kann. Der Umfang der Sorgfaltspflicht eines Halters hängt jedoch stets von den Umständen des Einzelfalls ab.

 

Der beklagte Verein hatte mit dem Eigentümer eines Waldgrundstücks, in dem sich ein Granitfelsengebilde befindet, einen Gestattungsvertrag zur Nutzung von Geländebereichen für den Klettersport abgeschlossen. Der Kläger war dort Ende Juli 2012 gemeinsam mit einem anderen Kletterer klettern. Auch wegen der heranziehenden Wetterverschlechterung und der sich bereits erhöhenden Windstärke brachen sie das Klettern während einer Route ab. Als der Kläger am Fuß der Kletterroute angelangt war, ging er wenige Meter zu jener von Felsen begrenzten Wegstelle, an der er seinen Rucksack abgelegt hatte, und begann, sich seine Klettersachen auszuziehen. Während einer starken Sturmböe brach ein in Nähe des Felsens befindlicher vermorschter Baum ab. Ein Teil davon verletzte den Kläger schwer.

 

Die Vorinstanzen wiesen sein Begehren auf Zahlung von Schadenersatz, einer monatlichen Rente auf Lebenszeit und Feststellung der Haftung des Beklagten für zukünftige unfallkausale Schäden ab, weil dem beklagten Verein keine Verletzung seiner Pflichten als Wegehalter vorzuwerfen sei.

 

Ihre Rechtsansicht, dass hier mangels entsprechender Anzeichen (keine Versperrung des Zugangswegs durch umgefallene Bäume, keine bedrohlich zum Kletterfelsen hängende Bäume) nicht auch der felsnahe Baumbestand in die Überprüfung des im Wald befindlichen Klettersteigs miteinbezogen werden musste, um Schäden aus einem sturmbedingten Baumsturz vorzubeugen, bewegt sich im Rahmen der Rsp und ist auf Basis des festgestellten Sachverhalts vertretbar.

 

Die Erwägung des Berufungsgerichts, dass aus der Protokollierung des Alpinreferenten, im Nahbereich des Kletterfelsens sei ein Baum gefällt worden, auf die Vornahme einer Sichtkontrolle des Waldbereichs in unmittelbarer Nähe des Kletterfelsens zu schließen sei, wird vom Kläger mit vertretbaren Überlegungen in Frage gestellt. Nach dem angenommenen Umfang der Sorgfaltspflichten des Beklagten kommt es darauf aber nicht an.