26.01.2016 Zivilrecht

OGH: Schrittgeschwindigkeit bei nahe gelegener Schule und Vorhandensein eines auf Kinder hinweisenden Gefahrenzeichens?

Es besteht keine Verpflichtung, sich Kindern, die am Straßenrand stehen, nur mit Schrittgeschwindigkeit zu nähern; die bloße - wenngleich aufgrund der örtlichen Verhältnisse (Schule, Gefahrenzeichen) nicht ganz unwahrscheinliche - Möglichkeit, dass zuvor nicht sichtbare Kinder auf die Straße laufen, kann keine strengeren Anforderungen begründen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Gefährdungshaftung, Straßenverkehrsrecht, Schule, Kinder, Geschwindigkeit
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 9 EKHG, § 3 StVO, § 20 StVO

 

GZ 2 Ob 226/15x, 16.12.2015

 

OGH: An die „gebotene Sorgfalt“ iSv § 9 Abs 2 EKHG sind zwar strengste Anforderungen zu stellen; diese Anforderungen dürfen aber auch nicht überspannt werden, da sonst eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Erfolgshaftung einträte. Maßgebend sind regelmäßig die Umstände des Einzelfalls.

 

Es besteht keine Verpflichtung, sich Kindern, die am Straßenrand stehen, nur mit Schrittgeschwindigkeit zu nähern; die bloße - wenngleich aufgrund der örtlichen Verhältnisse (Schule, Gefahrenzeichen) nicht ganz unwahrscheinliche - Möglichkeit, dass zuvor nicht sichtbare Kinder auf die Straße laufen, kann keine strengeren Anforderungen begründen. Daher hat der Senat in einem vergleichbaren Fall (Herauslaufen aus einer Einfahrt) erst jüngst die Auffassung als vertretbar angesehen, dass das Fahren mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h trotz eines auf spielende Kinder hinweisenden Schildes die gebotene Sorgfalt nicht verletzt habe. Dass es sich bei diesem Schild - anders als hier - um kein Gefahrenzeichen „Kinder“ iSd § 50 Z 12 StVO gehandelt hatte, begründet keinen tragenden Unterschied, weil auch das nicht der StVO entsprechende Schild faktisch vor jener Gefahr gewarnt hatte, die sich später verwirklichte.