27.09.2016 Zivilrecht

OGH: Kauf eines aufwendig getunten Sportwagens – Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums gem § 871 ABGB (iZm Umbau von rechts- auf linksgelenktes Fahrzeug)

Ausgehend von den Feststellungen hat nicht der Umstand, dass das Fahrzeug von rechts- auf linksgelenkt umgebaut wurde, zu der vom Sachverständigen ermittelten Wertminderung geführt, sondern allein die unsaubere Ausführung des Umbaus, weil im Bereich des Armaturenbretts größere Spaltmaße als bei dieser Fahrzeugmarke sonst üblich vorlagen; ein solcher Umbau selbst ist hingegen ohne Einfluss auf die Betriebs- oder Verkehrssicherheit und stellt auch keine technische Mangelhaftigkeit dar; damit begründet es auch keine vom OGH im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage dem weder vom Kläger noch vom Beklagten bei Vertragsabschluss erkannten Umbau des Fahrzeugs keine wertbildende Eigenschaft zumaß und das Vorliegen eines (gemeinsamen) Irrtums über den Inhalt des Geschäfts verneinte


Schlagworte: Irrtumsanfechtung, Kaufvertrag, Fahrzeug, Umbau von rechts- auf linksgelenktes Fahrzeug
Gesetze:

 

§ 871 ABGB

 

GZ 1 Ob 85/16f, 30.08.2016

 

OGH: Ob ein Irrtum über eine bestimmte Eigenschaft des Vertragsgegenstands Geschäfts- oder Motivirrtum ist, hängt davon ab, ob die betreffende Eigenschaft Vertragsinhalt war. Dies kann erst durch Vertragsauslegung ermittelt werden.

 

Die Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung hat stets unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.

 

Ein Irrtum über eine wertbildende Eigenschaft gehört zum Inhalt des Geschäfts und ist deshalb Geschäftsirrtum. Ein solcher Geschäftsirrtum ist aber nur dann verwirklicht, wenn er für die Bestimmung der Gegenleistung maßgebend war und deshalb zum Inhalt des Geschäfts gehört. In Abstimmung mit den Gewährleistungsregeln gehören zum Inhalt eines Vertrags all jene Eigenschaften, die üblicherweise bei entsprechenden Geschäften vorausgesetzt werden, sowie solche, die konkret zugesichert sind.

 

Ausgehend von den Feststellungen hat nicht der Umstand, dass das Fahrzeug von rechts- auf linksgelenkt umgebaut wurde, zu der vom Sachverständigen ermittelten Wertminderung geführt, sondern allein die unsaubere Ausführung des Umbaus, weil im Bereich des Armaturenbretts größere Spaltmaße als bei dieser Fahrzeugmarke sonst üblich vorlagen. Ein solcher Umbau selbst ist hingegen ohne Einfluss auf die Betriebs- oder Verkehrssicherheit und stellt auch keine technische Mangelhaftigkeit dar. Damit begründet es auch keine vom OGH im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage dem weder vom Kläger noch vom Beklagten bei Vertragsabschluss erkannten Umbau des Fahrzeugs keine wertbildende Eigenschaft zumaß und das Vorliegen eines (gemeinsamen) Irrtums über den Inhalt des Geschäfts verneinte.

 

Besteht ein erhöhtes (vergleichsweise unübliches) Reparaturrisiko und ist dieses dem Verkäufer bekannt, so kann der Käufer nach Treu und Glauben auch eine entsprechende Aufklärung erwarten. Hier steht lediglich fest, dass bei Übergabe des Fahrzeugs ein Mangel in der elektronischen Spiegeleinstellung bestand, dessen Behebung 800 EUR kostet. Weder ergibt sich aus den den OGH bindenden Feststellungen, dass es sich dabei um eine Folge des Tausches eines Kabelbaums beim Umbau des Fahrzeugs handelt, noch dass damit weitere Mängel einhergehen könnten, wie der Kläger in seiner außerordentlichen Revision geltend macht, um aus dem Fahrzeugumbau eine erhöhte Reparaturanfälligkeit abzuleiten. Insoweit liegt auch keine dem Gesetz entsprechende Rechtsrüge vor.