15.11.2016 Zivilrecht

OGH: § 232 ABGB – zur Frage der Unterhaltsverpflichtung von Großeltern

Die Leistungsfähigkeit der Eltern ist im Unterhaltsverfahren eines Enkelkindes gegen die Großeltern als Vorfrage zu prüfen


Schlagworte: Familienrecht, Kindesunterhalt, Unterhaltsverpflichtung der Großeltern, Anspannung
Gesetze:

 

§ 232 ABGB, § 231 ABGB

 

GZ 7 Ob 53/16v, 27.04.2016

 

OGH: Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht im Stande sind, schulden ihn gem § 232 ABGB die Großeltern, „nach den den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedürfnissen des Kindes“. Ein Großelternteil hat nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet. Großeltern sind erst dann zu Unterhaltsleistungen heranzuziehen, wenn beide Eltern nicht ausreichend im Stande sind, für den Unterhalt des Kindes aufzukommen.

 

Den zutreffenden Ausführungen in der Entscheidung 1 Ob 337/99m zur fehlenden Bindungswirkung folgend kann die Rechtsmeinung, über die subsidiäre Unterhaltspflicht der Großeltern könne nicht abgesprochen werden, solange über die primäre Unterhaltspflicht der Eltern nicht entschieden worden sei, nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr ist die Leistungsfähigkeit der Eltern als Vorfrage in einem Unterhaltsverfahren gegen die Großeltern zu beurteilen.

 

Richtig ist zwar, dass vor Heranziehung der Großeltern die Eltern (erforderlichenfalls) anzuspannen sind. Eine Anspannung auf tatsächlich nicht erzieltes Einkommen darf aber nur dann erfolgen, wenn den Unterhaltsschuldner ein Verschulden daran trifft, dass er keine Erwerbstätigkeit ausübt.