20.02.2017 Zivilrecht

OGH: Hassposting auf Facebook-Seite einer politischen Partei

Der Betreiber einer Facebook-Seite, der es Nutzern ermöglicht, von ihnen eingegebene Informationen (Kommentare) zu speichern, ist als Host-Provider iSd § 16 ECG zu qualifizieren; der Leser eines derartigen Forums wird regelmäßig nicht davon ausgehen, dass - etwa gegen § 1330 ABGB verstoßende - Postings von Nutzern die Meinung des Betreibers wiedergeben; wird ein solcher Eindruck vom Betreiber nicht erweckt und hat er auch die Postings nicht durch eigenes Verhalten provoziert, kommt es darauf an, ob er seiner Verpflichtung zur Entfernung iSd § 16 Abs 1 Z 2 ECG fristgerecht nachgekommen ist (hier: Entfernung erst nach neun Tagen nicht fristgerecht)


Schlagworte: E-Commerce-Recht, Hassposting auf Facebook-Seite einer politischen Partei, Host-Provider, fristgerechte Entfernung
Gesetze:

 

§ 16 ECG, § 1330 ABGB, § 6 MedienG, Art 10 EMRK

 

GZ 6 Ob 244/16z, 22.12.2016

 

OGH: Der beklagte Klub ermöglicht es Internet-Nutzern, von ihnen eingegebene Informationen auf seiner Website zu speichern. Er ist damit Host-Provider iSd § 16 ECG, wobei unerheblich ist, ob der beklagte Klub diesen Dienst unentgeltlich oder entgeltlich bereitstellt. Da der Leser eines derartigen Onlineforums regelmäßig nicht davon ausgehen wird, dass – etwa gegen § 1330 ABGB verstoßende – Postings von Nutzern die Meinung des Betreibers wiedergeben, wird ein solcher Eindruck vom Betreiber nicht erweckt und hat er auch die Postings nicht durch eigenes Verhalten provoziert, kommt es darauf an, ob er seiner Verpflichtung zur Entfernung iSd § 16 Abs 1 Z 2 ECG fristgerecht nachgekommen ist. Dies ist hier zu verneinen (vgl 6 Ob 178/04a [Löschung nach 1 Woche jedenfalls verspätet]).

 

Bei Beurteilung der Frage, ob sich der Host-Provider Tatsachen oder Umständen bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird, ist nach der Rsp des OGH auf die Fähigkeit eines juristischen Laien abzustellen.

 

Dies hat das Rekursgericht vertretbar bejaht. Die Äußerung, der Kläger sei „enthirnt“ und ein „Psychopath“, stellt ein beleidigendes Werturteil ohne jegliches Tatsachensubstrat dar und stand auch in keinerlei Zusammenhang mit dem auf der Facebook-Seite veröffentlichten Beitrag über den Sprengstoffanschlag von Ansbach in Bayern; jedenfalls wird auch im Revisionsrekursverfahren nicht behauptet, der Kläger sei darin erwähnt oder hätte sich dazu geäußert. Auch wenn die Grenzen zulässiger Kritik an Politikern in Ausübung ihres öffentlichen Amts im Allgemeinen weiter gesteckt sind als bei Privatpersonen, weil sich Politiker unweigerlich und wissentlich der eingehenden Beurteilung ihrer Worte und Taten durch die Presse und die allgemeine Öffentlichkeit aussetzen, geht doch sowohl nach der Rsp des EGMR zu Art 10 EMRK als auch jener dieses Senat ein Werturteil über das hinaus, was in einer politischen Debatte zu tolerieren ist, wenn dem Werturteil eine hinreichende Tatsachenbasis fehlt; die Rsp berücksichtigt bei der Beurteilung, ob ein Werturteil diffamierenden Charakter hat, auch die Art der verwendeten Begriffe und insbesondere die zugrundeliegende Absicht, die andere Seite zu diffamieren oder zu stigmatisieren. Von dieser Rsp ist das Rekursgericht nicht abgewichen.