07.07.2020 Zivilrecht

OGH: Zur Erbsentschlagung

Den für die Wirksamkeit der Entschlagung maßgebenden Zugang an das Gericht oder den Gerichtskommissär kann der Entschlagende auch durch die Post, einen Boten oder einen Vertreter „bewirken“


Schlagworte: Erbrecht, Erbsentschlagung, Rechtswirksamkeit, Verlassenschaftsverfahren, Abgabe, Zugang an Gericht, Notar, Gerichtskommissär, Bote, Brief
Gesetze:

 

§ 806 ABGB, § 823 ABGB, § 3 GKG, § 157 AußStrG

 

GZ 2 Ob 215/19k, 15.04.2020

 

OGH: Nach der Rsp erfüllt eine - wenn auch schriftlich - abgegebene, dem Gericht aber nicht vom Erklärenden selbst, sondern von einem „konkurrierenden“ Erben vorgelegte Erklärung nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine wirksame Entschlagung. Auch eine Abhandlung im Eingabenweg (§ 3 GKG) ist ohne Beteiligung des Ausschlagenden unzulässig, wenn dessen Erklärung nicht von ihm selbst, sondern von einem „konkurrierenden Erben“ dem Gericht vorgelegt wurde. Dieser Rsp kann allerdings nicht entnommen werden, dass die Erklärung auch bei Vorlage durch einen Vertreter oder Boten des Erklärenden unwirksam gewesen wäre. Vielmehr ist es Sache des jeweiligen Erben, „den eigenen Erbverzicht (durch Bewirkung des Zugangs bei Gericht bzw Gerichtskommissär) unwiderruflich zu machen“. Den - für die Wirksamkeit der Entschlagung maßgebenden - Zugang an das Gericht oder den Gerichtskommissär kann der Entschlagende zweifellos auch durch die Post, einen Boten oder einen Vertreter „bewirken“.

 

Im konkreten Fall steht fest, dass die Klägerin den Termin für die Unterzeichnung der Erklärung selbst mit dem Notar vereinbart hat. Der Notar hat mit ihr die Frage eines Pflichtteilverzichts und allfälliger Schenkungen erörtert. Der Klägerin war bewusst, dass der Notar ihre Erklärung dem Gericht übermitteln würde; für sie war das (österreichische) Verfahren damit erledigt. Zwar wurde hier der Notar im weiteren Verfahren (primär) als Vertreter der Beklagten tätig. Dennoch konnte das Berufungsgericht auf der Grundlage dieser Feststellungen in vertretbarer Weise annehmen, dass der Notar die Erklärung dem Gericht als Vertreter der Klägerin übermittelte. Denkbar wäre auch seine Qualifikation als Bote; eine Befugnis, über die Erklärung zu „disponieren“, hatte der Notar jedenfalls nicht. Es besteht daher kein Zweifel, dass es die Klägerin selbst war, die durch den Notar als Vertreter oder Boten den Zugang der Erklärung an das Gericht „bewirkte“. Die Lage ist nicht anders, als wenn sie die Erklärung dem Gericht mit der Post geschickt hätte.

 

Die Wirksamkeit einer Entschlagung hängt auch nicht von der Belehrung über die Rechtsfolgen einer bedingten oder unbedingten Erbantrittserklärung iSd § 157 Abs 1 Satz 2 AußStrG ab: Zweck dieser Bestimmung ist es, mögliche Erben über die Folgen ihrer Erbantrittserklärung für die Schuldenhaftung zu informieren, Das ist im Fall einer Entschlagung von vornherein irrelevant. Zudem ist eine Erbantrittserklärung ohnehin auch dann wirksam, wenn sie vor einer Aufforderung nach § 157 Abs 1 AußStrG abgegeben wird. Umso mehr muss das für eine dem Gericht zugegangene Entschlagung gelten.