06.07.2011 Zivilrecht

OGH: Bauarbeiten, die ein Mieter zuzulassen hat - zur Frage, ob Ersatz für „Ungemach“ nach § 8 Abs 3 MRG nur natürliche Personen oder auch juristische Personen geltend machen können

Auch juristischen Personen, deren Organe oder Gesellschafter Ungemach iSd § 8 Abs 3 MRG iZm dem im Bestandobjekt geführten Unternehmen hinnehmen mussten, ist der Ersatz ideellen Schadens angemessen zuzuerkennen


Schlagworte: Mietrecht, Schadenersatz, ideeller Schaden, Erhaltungs- Verbesserungs- Änderungs- und Errichtungsarbeiten die ein Mieter zuzulassen hat, grob fahrlässiger Verstoß, Ungemach, juristische Person, Bemessung
Gesetze:

§ 8 Abs 3 MRG

GZ 5 Ob 234/10p, 26.05.2011

 

OGH: Den Vermieter trifft nach § 8 Abs 3 MRG die Verpflichtung, alle Erhaltungs-, Verbesserungs-, Änderungs- und Errichtungsarbeiten, die ein Mieter zuzulassen hat, so durchzuführen, dass eine möglichste Schonung des Mietrechts des betroffenen Mieters gewährleistet ist. Im Fall eines zumindest grob fahrlässigen Verstoßes gegen diese Verpflichtung ist bei der Ermittlung der angemessenen Entschädigung für wesentliche Beeinträchtigungen (die ohne jegliches Verschulden desjenigen, der die Arbeiten durchführen lässt, abzugelten sind) auch auf das erlittene Ungemach Bedacht zu nehmen. Dadurch wollte der Gesetzgeber des 3. WÄG (BGBl 1993/800) das Prinzip verstärken, dass bei Durchführung vom Mieter zu duldender Arbeiten unter möglichster Schonung des Mietrechts vorzugehen ist und hat deshalb eine besondere Schadenersatzpflicht für grob fahrlässige Verstöße normiert.

 

Während also zunächst die Eingriffshaftung rechtswidrigkeits- und verschuldensunabhängig konzipiert und dem Umfang nach auf Ersatz der vollen Genugtuung gerichtet ist, ist vom Gesetzgeber bei grob fahrlässiger Verletzung des Schonungsgebots ein Ersatz ideeller Schäden ausdrücklich angeordnet worden. Als Schadenersatz für das vom Mieter durch Verletzung des Schonungsprinzips erlittene Ungemach ist ihm eine angemessene Vergütung zu leisten.

 

Der erkennende Senat hält es für angebracht, auch juristischen Personen, deren Organe oder Gesellschafter Ungemach iSd § 8 Abs 3 MRG iZm dem im Bestandobjekt geführten Unternehmen hinnehmen mussten, den Ersatz ideellen Schadens angemessen zuzuerkennen.

 

Der erkennende Senat hat allerdings bereits eine Bemessung nach „Ungemachs-Perioden“ vergleichbar den zu Schmerzengeldansprüchen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen abgelehnt und dann, wenn sich eine exakte Zuordnung konkreter Beeinträchtigungen zu konkret grob fahrlässigen Verstößen nicht vornehmen ließ, eine grobe Angemessenheitsschätzung für erlittenes Ungemach für angebracht erachtet.

 

Die vom Erstgericht vorgenommene Abgeltung kam allerdings durch eine dergestalt abzulehnende Berechnung zustande (Seite 20 seiner Entscheidung: „EUR 50 pro Tag“). In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass nicht jegliche Beeinträchtigungen durch Lärm und Staub während der gesamten Baudauer den Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens der von der Antragsgegnerin beauftragten Baufirma rechtfertigen. Abzustellen wird viel mehr im Rahmen einer groben Angemessenheitsprüfung darauf zu sein, welche konkreten Vorgangsweisen das Maß des Üblichen und Unvermeidbaren überschritten, um daraus Anhaltspunkte für eine Gesamtbeurteilung zu finden.