03.08.2011 Zivilrecht

OGH: Entzug von Licht – Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 3 ABGB (hier: iZm Hecke)

Unzumutbarkeit wird umso weniger anzunehmen sein, je näher eine - als solche ortsunübliche - Beeinträchtigung an der Grenze der Ortsüblichkeit liegt; ist die Beeinträchtigung jedoch ohnehin ortsüblich, so ist eine gesonderte Prüfung der Zumutbarkeit nicht mehr erforderlich; solche Immissionen sind jedenfalls zu dulden


Schlagworte: Nachbarrecht, negative Immissionen, unzumutbar, ortsüblich
Gesetze:

§ 364 Abs 3 ABGB

GZ 4 Ob 77/11v, 21.06.2011

 

Nach Erwerb der benachbarten Liegenschaft durch die Ehegattin des in der Folge fruchtgenussberechtigten Beklagten ließ dieser entlang der Grundgrenze zum Kläger insgesamt 57 Thujen pflanzen, welche mittlerweile eine Höhe von 4 bis etwa 4,5 m erreicht haben und eine geschlossene Hecke bilden. Der geringe Abstand zur Grundgrenze (0,5 Meter) sowie die niedrige Positionierung des Glasziegelfensters des Klägers führen dazu, dass eine direkte Sonneneinstrahlung auf das Glasziegelfenster nur im Sommer vorübergehend stattfindet. Deshalb - und aufgrund der ansonsten bloß nordseitig vorhandenen und durch den Innenhof stark eingeschränkten Belichtung des Wohnzimmers - befindet sich das klägerische Wohnzimmer nahezu ganzjährig in einem halbdunklen Zustand, der ein Lesen ohne künstliches Licht nur im Sommer zwischen Mittag und etwa 16 oder 17:00 Uhr möglich macht.

 

OGH: Nach § 364 Abs 3 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft insoweit untersagen, als diese das Maß des § 364 Abs 2 ABGB überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks führen. Der Unterlassungsanspruch besteht daher nur dann, wenn der Entzug des Lichts sowohl ortsunüblich als auch unzumutbar ist. Zwischen diesen Kriterien besteht zwar ein Zusammenhang: Unzumutbarkeit wird umso weniger anzunehmen sein, je näher eine - als solche ortsunübliche - Beeinträchtigung an der Grenze der Ortsüblichkeit liegt; ist die Beeinträchtigung jedoch ohnehin ortsüblich, so ist eine gesonderte Prüfung der Zumutbarkeit nicht mehr erforderlich; solche Immissionen sind jedenfalls zu dulden.

 

Einer Befassung mit der in der Revision des Klägers allein thematisierten Frage der Ortsüblichkeit der von der beanstandeten Hecke auf dem Grundstück der Beklagten ausgehenden Beschattung seiner Liegenschaft und des darauf errichteten Hauses bedarf es hier nicht, weil das Berufungsgericht - vom Kläger unwidersprochen - darüber hinaus festgehalten hat, dass keine Rede davon sein könne, dass die beanstandete Beschattung der Liegenschaft des Klägers diesem unzumutbar wäre.

 

Die auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhende Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit begründet - vom Fall einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.