24.08.2011 Wirtschaftsrecht

OGH: Streitschlichtung gem § 8 VerG – Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis iSd Abs 1

Beruht der Anspruch nach dem Klagebegehren auf einem selbständigen vertraglichen Schuldverhältnis, für dessen Zustandekommen die Vereinszugehörigkeit nicht denknotwendig Voraussetzung ist, liegt seine Grundlage nicht im Vereinsverhältnis, sondern in dem zwischen den Streitparteien abgeschlossenen Vertrag


Schlagworte: Vereinsrecht, Streitschlichtung, Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis
Gesetze:

§ 8 VerG

GZ 8 Ob 66/11f, 15.07.2011

 

OGH: Der Begriff der Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis ist auf alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern und dem Verein oder Vereinsmitgliedern untereinander auszudehnen, sofern sie in der Vereinsmitgliedschaft wurzeln. Dazu gehören zunächst Streitigkeiten über die Zahlung der Mitgliedsbeiträge, aber auch über die Erbringung anderer mit der Mitgliedschaft verknüpfter vermögenswerter Leistungen an den Verein. Beruht der Anspruch allerdings nach dem Klagebegehren auf einem selbständigen vertraglichen Schuldverhältnis, für dessen Zustandekommen die Vereinszugehörigkeit nicht denknotwendig Voraussetzung ist, liegt seine Grundlage nicht im Vereinsverhältnis, sondern in dem zwischen den Streitparteien abgeschlossenen Vertrag.

 

Entscheidend ist, auf welche Tatsachen der Kläger seinen Anspruch gründet. Im vorliegenden Verfahren ist dies ein Darlehensvertrag, der es der Beklagten ermöglicht habe, den Negativsaldo eines Bankkontos abzudecken und dadurch Zinsen zu ersparen. Auch wenn unstrittig ist, dass die Stellung des Klägers als Mitglied und Funktionär des Vereins das entscheidende Motiv für die Gewährung des Darlehens zu nicht fremdüblichen Konditionen war, wurzelt dieses Grundgeschäft, auf das sich die Klage beruft, deswegen nicht schon denknotwendig in der Vereinszugehörigkeit, so wie auch der Bank-(überziehungs-)kredit nicht, den es ersetzt hat. Der vorliegende Darlehensvertrag hätte in ähnlicher Form auch mit einem nicht dem Verein angehörenden, sondern nur an der Förderung seiner Zwecke interessierten Sponsor abgeschlossen werden können. Die vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten, die einer Abstattung nach Tunlichkeit und Möglichkeit entsprechen, und die Fälligkeit des gesamten Restbetrags bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses können nicht als derart ungewöhnlich qualifiziert werden, dass sie ohne Zusammenhang mit einer Vereinsmitgliedschaft denkunmöglich bestehen könnten.

 

Der vorliegenden Klage steht daher nicht das Hindernis der temporären Unzulässigkeit des Rechtswegs nach § 8 Abs 1 VerG entgegen.