11.10.2011 Zivilrecht

OGH: Veränderung des Mietgegenstandes gem § 9 MRG – zur Frage, ob der Vermieter eine Alarmanlage mit Außensirene zu dulden hat

Maßnahmen zur Einbruchssicherung entsprechen der Übung des Verkehrs; das gilt auch für Alarmanlagen; bei Fehlalarmen kann der Vermieter nur verlangen, dass der Mieter zu verhalten ist, soweit möglich für einen Ausschluss von Fehlalarmen zu sorgen


Schlagworte: Mietrecht, Veränderung des Mietgegenstandes, Alarmanlage mit Außensirene
Gesetze:

§ 9 MRG

GZ 5 Ob 115/11i, 25.08.2011

 

OGH: Nicht strittig ist, dass infolge der festgestellten Einbruchsdiebstähle in der Vergangenheit ein wichtiges Interesse der Antragstellerin an der Veränderung zu bejahen ist. Überdies entsprechen Maßnahmen zur Einbruchssicherung der Übung des Verkehrs. Das gilt auch für Alarmanlagen. Bereits das Erstgericht hat zutreffend auf die abschreckende Wirkung der Außensirene im Hof des Hauses verwiesen, der gerade im Anlassfall deshalb entscheidende Bedeutung zukommt, weil sämtliche bisherigen Einbrüche - die sich seit Anbringung der Alarmanlage nicht wiederholten - über den Hof verübt wurden.

 

Ebenfalls nicht strittig ist die einwandfreie Ausführung der Veränderung, deren Kosten die Antragstellerin trug (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4 MRG).

 

Der Erstantragsgegner gestand im Gerichtsverfahren ausdrücklich zu, dass die Alarmanlage dem Stand der Technik entspricht. Er meint allerdings, dieselbe abschreckende Wirkung würde auch durch andere Maßnahmen, wie etwa die Anbringung von Gittern an den Türen und Fenstern zum Hof oder die Anbringung einer Innensirene, erzielt werden.

 

Dazu stellte das Erstgericht unbekämpft fest, dass auch bei vergitterten Türen ein Aufbrechen des Schlosses bzw der Verriegelung möglich ist und dass wegen des sonst bestehenden Sabotagerisikos die Anbringung von zwei Außensirenen üblich ist.

 

Überdies verkennt der Erstantragsgegner, dass der Vermieter, sofern die vom Mieter nachzuweisenden Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 1 bis 4 MRG verwirklicht sind, die geplanten Maßnahmen nur bei Vorliegen einer der von ihm zu behauptenden und beweisenden Negativvoraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 5 bis und 7 MRG untersagen kann.

 

Liegen die Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Z 1 bis 4 MRG vor, kann der Vermieter sich somit nur auf eine Beeinträchtigung schutzwürdigender Interessen, eine Schädigung des Hauses oder eine Gefahr für die Sicherheit von Personen und Sachen (§ 9 Abs 1 Z 5 bis 7 MRG) berufen, nicht aber die Veränderung unter Hinweis auf eine alternative Möglichkeit zur Erzielung desselben Effekts verhindern.

 

Es bleibt daher allein zu prüfen, ob durch die von der Antragstellerin bereits durchgeführte Veränderung eine Beeinträchtigung schutzwürdigender Interessen (§ 9 Abs 1 Z 5 MRG) zu besorgen ist. Dazu hat der Erstantragsgegner im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich vorgebracht, dass „es schon mehrfach durch falsche Alarme zu unzumutbar lauten und gesundheitsgefährdenden Belästigungen der übrigen Mieter des Hauses gekommen ist“.

 

Das Erstgericht erachtete ausdrücklich, nicht feststellen zu können, ob es sich bei den ausgelösten „mehreren“ Alarmen überhaupt um Fehlalarme handelte. Aus der gesamten erstgerichtlichen Begründung, insbesondere auch im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung, lässt sich ableiten, dass das Erstgericht zwar eine entsprechende positive Feststellung nicht treffen konnte, aber erkennbar eher davon ausging, dass die Alarme nur durch tatsächliche Einbruchsversuche ausgelöst wurden.

 

Dem behauptungs- und beweispflichtigen Erstantragsgegner ist somit der Nachweis, dass Fehlalarme ausgelöst wurden, nicht gelungen.

 

Die Feststellung, dass bei Aktivierung des Alarms in der Nacht die Bewohner des Hauses aufgeschreckt und in ihrer Nachtruhe gestört werden, lässt nicht die rechtliche Beurteilung zu, dass die Anbringung einer Außensirene jedenfalls eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der übrigen Mieter des Hauses begründe: Dass gelegentliche Alarme zur Tageszeit jedenfalls in der hier zu beurteilenden, verkehrsreichen Gegend hinzunehmen sind, erkannte bereits das Erstgericht zutreffend. Wieviele der festgestellten „mehreren“ Alarme überhaupt in der Nacht ausgelöst wurden, steht nicht fest. Darin liegt kein Feststellungsmangel begründet, weil der Erstantragsgegner nicht vorbrachte, wieviele Alarme im maßgeblichen Zeitraum überhaupt in der Nacht ausgelöst wurden. Auf die nun im Revisionsrekurs behauptete Lautstärke des Sirenengeräusches von „mindestens 100 dB“ ist schon wegen des im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ausnahmslos geltenden Neuerungsverbots nicht einzugehen.

 

Selbst wenn tatsächlich in der Vergangenheit Fehlalarme aufgetreten sein sollten - was hier, wie ausgeführt, gerade nicht feststeht - könnte der Erstantragsgegner dennoch nicht generell die Installierung einer Alarmanlage mit Außensirene untersagen, sondern nur verlangen, dass die Antragstellerin zu verhalten ist, soweit möglich für einen Ausschluss von Fehlalarmen zu sorgen.

 

Im Übrigen lassen die Ausführungen in der Revisionsrekursbeantwortung, in welcher der Erstantragsgegner vorbringt, er hätte gegen die Anbringung einer Außensirene nichts einzuwenden, sofern es zu einer „vernünftigen Regelung über die Vermietung der für die Außensirene erforderlichen Außenfläche des Hauses“ komme, selbst erkennen, dass der Hintergrund der im Verfahren erhobenen Einwendungen des Erstantragsgegners in wirtschaftlichen Überlegungen, nicht aber in sachlich begründeten Argumenten gegen die Anbringung der Außensirene gelegen ist.