22.06.2011 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob ein Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB mit einer Kondiktion nach § 1431 ABGB (analog) konkurrieren kann

Der Senat schließt sich jener Auffassung an, die eine Konkurrenz zwischen der (allenfalls analog gewährten) Kondiktion nach § 1431 ABGB gegen den Empfänger der Leistung und dem Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB gegen den, der sich - wenn auch nur vorläufig - durch die Leistung des Verkürzten selbst einen Aufwand erspart hat, bejaht; dabei sind beide Beklagte Solidarschuldner


Schlagworte: Bereicherungsrecht, Verwendungsanspruch, Aufwand für einen anderen, Leistungskondiktion, Zahlung einer Nichtschuld, Konkurrenz, Solidarschuldner
Gesetze:

§ 1042 ABGB, § 1431 ABGB (analog)

GZ 2 Ob 157/10t, 05.05.2011

 

OGH: Grundsätzlich ist im vorliegenden Fall an einen Verwendungsanspruch der Klägerin nach § 1042 ABGB gegenüber der Erstbeklagten insofern zu denken, als die Klägerin durch die Belastung ihres Kontos infolge der Abrufung der Bankgarantie einen Aufwand hatte, den letztlich die Erstbeklagte hätte machen müssen, nämlich den Kredit an die Zweitbeklagte zurückzuzahlen. Dass der Aufwand der Klägerin infolge der Abrufung der Bankgarantie nicht unmittelbar auf einer freiwilligen Leistung der Klägerin beruht, steht einem Anspruch nach § 1042 ABGB nicht entgegen.

 

Ob dieser Verwendungsanspruch aber neben einer auf § 1431 ABGB (analog) gestützten Kondiktion gegen den Leistungsempfänger (hier die Zweitbeklagte) besteht, ist in LuRsp strittig.

 

Die Analyse der LuRsp zeigt, dass beide Ansichten und auch vermittelnde Positionen mit mehr oder weniger guten Gründen vertreten wurden und werden. In der letzten Zeit scheinen - teilweise im Unterhaltsrecht (Unterhaltszahlung durch dazu nicht Verpflichteten) - in der Lehre jene Meinungen zu überwiegen, die eine Konkurrenz bejahen.

 

Nach Ansicht des Senats ist va das Argument Auckenthalers unwiderlegt, wonach sich aus § 1042 ABGB kein Erfordernis einer endgültigen Befreiung des Schuldners ableiten lasse.

 

Auch praktische Erwägungen sprechen für die Konkurrenz: Bezahlt die Zweitbeklagte ihre Kondiktionsschuld gegenüber der Klägerin, so wird das Kreditkonto der Erstbeklagten wieder im Ausmaß der Zahlung belastet und muss die Erstbeklagte ihrerseits an die Zweitbeklagte bezahlen. Der „Umweg“ über die Befriedigung des Kondiktionsanspruchs der Klägerin durch die Zweitbeklagte macht somit zwei Zahlungen nötig. Bezahlt hingegen die erstbeklagte Kreditnehmerin direkt an die Klägerin, so ist nicht nur der Kondiktionsanspruch der Klägerin gegen die Zweitbeklagte, sondern auch der Kreditrückzahlungsanspruch der zweitbeklagten Kreditgeberin gegenüber der Erstbeklagten im Ausmaß der Zahlung endgültig erloschen. Mit einer Zahlung werden somit zwei Schuldverhältnisse getilgt.

 

Der Senat schließt sich daher jener Auffassung an, die eine Konkurrenz zwischen der (allenfalls analog gewährten) Kondiktion nach § 1431 ABGB gegen den Empfänger der Leistung und dem Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB gegen den, der sich - wenn auch nur vorläufig - durch die Leistung des Verkürzten selbst einen Aufwand erspart hat, bejaht. Dabei sind beide Beklagte Solidarschuldner.

 

Die Bejahung des Verwendungsanspruchs nach § 1042 ABGB führt aber nicht zu einer gänzlichen Klagsstattgebung gegenüber der Erstbeklagten. Nach § 1042 ABGB kann nur insoweit Ersatz verlangt werden, als die Pflicht des anderen reichte. Ein Anspruch gem § 1042 ABGB besteht hier daher insoweit nicht, als die Schuld der Erstbeklagten noch nicht fällig war. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen war der Kredit noch nicht wegen Terminsverlusts fällig gestellt worden. Fällig waren nur die nicht bezahlten Kreditraten für die sieben Monate März bis September 2008. Nur im Ausmaß dieser sieben Monatsraten besteht somit das Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten zu Recht.