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31.01.2012 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Vereinfachtes Wahlverfahren gem § 58 ArbVG – zur Frage, inwieweit jene „einheitlichen“ Stimmzettel, auf denen nur ein Wahlvorschlag vorgegeben ist, dann wenn sie abgegeben, aber nicht angekreuzt werden, als gültige Stimmen zu zählen sind

Dies wäre entsprechend § 24 Abs 5b BRWO nur dann der Fall, wenn ein leerer Stimmzettel iSd § 35a BRWO nunmehr den Wahlvorschlag aufweist oder der Wähler einen eigenen Stimmzettel iSd § 24 Abs 3 BRWO verwendet und darauf den Wahlvorschlag festhält


Schlagworte: Betriebsrat, vereinfachtes Wahlverfahren, Wahlvorschlag, einheitliche Stimmzettel, eigene / leere Stimmzettel, gültige Stimmabgabe, Auszählung des Wahlergebnisses
Gesetze:

§ 58 ArbVG, § 21a BRWO, § 24 BRWO, § 35a BRWO

GZ 9 ObA 40/11i [1], 25.10.2011

 

OGH: Da hier im Betrieb bloß acht wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt waren, ist von der Anwendbarkeit des § 58 ArbVG auszugehen.

 

Nach § 21a BRWO hat der Wahlvorstand nun grundsätzlich einen „einheitlichen Stimmzettel“, auf dem alle zugelassenen Wahlvorschläge in gleicher Weise aufscheinen, aufzulegen.

 

§ 35a BRWO sieht jedoch vor, dass der Wahlvorstand in Betrieben mit weniger als 150 wahlberechtigten Arbeitnehmern beschließen kann, statt des einheitlichen Stimmzettels leere Stimmzettel auszugeben.

 

§ 24 Abs 3 BRWO ermöglicht es dem Wähler, unter gewissen Voraussetzungen überhaupt eigene Stimmzettel zu verwenden.

 

Nach der allgemeinen Regel des § 24 Abs 6 Z 1 BRWO ist eine Stimme ua dann ungültig, wenn kein Wahlvorschlag gekennzeichnet bzw kein Wahlvorschlag oder Wahlwerber eindeutig bezeichnet wurde.

 

§ 24 Abs 5b BRWO ordnet an, dass ua im Fall des § 35a BRWO eine gültige Stimmabgabe auch dann erfolgt, wenn aus dem Stimmzettel eindeutig zu erkennen ist, welchen Wahlvorschlag der Wähler wählen wollte. Dies soll insbesondere dann der Fall sein, wenn auf dem Stimmzettel der Wahlvorschlag durch Bezeichnung oder durch Angabe eines oder mehrerer Wahlwerber eindeutig festgelegt ist.

 

Klar ist nun schon nach der Bestimmung des § 58 Z 1 ArbVG, dass im vereinfachten Wahlverfahren - wie hier - die Wahl mit der Mehrheit der abgegebenen, also auch unter Mitberücksichtigung der ungültigen Stimmen zu ermitteln ist.

 

Strittig ist, inwieweit jene „einheitlichen“ Stimmzettel, auf denen nur ein Wahlvorschlag vorgegeben ist, dann wenn sie abgegeben, aber nicht angekreuzt werden, als gültige Stimmen zu zählen sind. Dies wäre entsprechend § 24 Abs 5b BRWO nur dann der Fall, wenn ein leerer Stimmzettel iSd § 35a BRWO nunmehr den Wahlvorschlag aufweist oder der Wähler einen eigenen Stimmzettel iSd § 24 Abs 3 BRWO verwendet und darauf den Wahlvorschlag festhält.

 

Soweit den Ausführungen von Schneller gegenteiliges entnommen werden könnte, weil diese Literaturstelle eine Einschränkung auf die Fälle eines „leeren“ (§ 35a BRWO) bzw vom Wähler beigebrachten Stimmzettels nicht enthält, kann dem nicht gefolgt werden. Ergibt sich doch aus der Systematik der BRWO eindeutig, dass zwischen den Fällen eines einheitlichen Stimmzettels mit bereits vorgegebenen Wahlvorschlägen einerseits und den Fällen von leeren bzw beigebrachten Stimmzetteln andererseits zu unterscheiden ist. Es macht auch einen Unterschied, ob der Wähler selbst durch das Ausfüllen des Wahlvorschlags seinen Willen zum Ausdruck bringt oder sich dieser Wahlvorschlag bereits auf dem einheitlichen Stimmzettel befindet, aber nicht angekreuzt wird. Insoweit erfolgte also hier die Auszählung des Wahlergebnisses mangelhaft. Dies stellt auch einen Anfechtungsgrund dar, der aber nach § 59 Abs 2 ArbVG nur den Arbeitnehmern selbst bzw anderen wahlwerbenden Gruppen offen steht, aber nicht dem Betriebsinhaber.