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21.02.2012 Zivilrecht

OGH: Besuchsrecht gem § 148 ABGB – Antrag auf Aussetzung wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs der Tochter

Steht der bloße Verdacht eines dem Kindeswohl widersprechenden Fehlverhaltens des nicht betreuenden Elternteils im Raum, der bisher nicht verifiziert werden konnte, haben die Gerichte nach ihrem - am Kindeswohl zu orientierenden - Ermessen zu beurteilen, ob die dennoch verbliebenen Verdachtsmomente iSe „qualifizierten“ Verdachts so groß sind, dass es eher angezeigt erscheint, die Elternrechte des betroffenen Elternteils durch erhebliche Beschränkungen des Besuchsrechts zu reduzieren, als das Risiko eines neuerlichen (gleichartigen) Fehlverhaltens zum Nachteil des Kindes in Kauf zu nehmen


Schlagworte: Familienrecht, Besuchsrecht, Antrag aus Aussetzung, Fehlverhaltens, (qualifizierter) Verdacht, Kindeswohl
Gesetze:

§ 148 ABGB

GZ 9 Ob 55/11w [1], 21.12.2011

 

OGH: Ob, in welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen, einem Elternteil das Besuchsrecht einzuräumen ist, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig, ohne dass eine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage zu lösen wäre. Eine krasse Fehlbeurteilung, die eine Korrektur der rekursgerichtlichen Entscheidung erforderlich erscheinen ließe, ist nicht zu erkennen. Steht wie hier der bloße Verdacht eines dem Kindeswohl widersprechenden Fehlverhaltens des nicht betreuenden Elternteils im Raum, der bisher nicht verifiziert werden konnte, haben die Gerichte nach ihrem - am Kindeswohl zu orientierenden - Ermessen zu beurteilen, ob die dennoch verbliebenen Verdachtsmomente iSe „qualifizierten“ Verdachts so groß sind, dass es eher angezeigt erscheint, die Elternrechte des betroffenen Elternteils durch erhebliche Beschränkungen des Besuchsrechts zu reduzieren, als das Risiko eines neuerlichen (gleichartigen) Fehlverhaltens zum Nachteil des Kindes in Kauf zu nehmen. Die Vorinstanzen haben hier auf das Wohl des Kindes umfassend Bedacht genommen und begründet dargelegt, dass selbst unter der Annahme, dass die Vorwürfe der Mutter zutreffend wären, gerade ein begleitetes Besuchsrecht ebenso Schutz vor Übergriffen wie vor Beeinflussung des Kindes durch den Vater bietet. Geschulte Besuchsbegleiter seien, worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat, auch am ehesten in der Lage, ein - von der Revisionsrekurswerberin behauptetes - auffälliges Verhalten der Tochter zu beobachten, wodurch das Kindeswohl am bestmöglichen gewahrt werden könne.