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06.03.2012 Zivilrecht

OGH: Agent iSd § 3 Z 20 ZaDiG – reicht der Hinweis in auf der Rückseite eines Formulars abgedruckter AGBs, wonach das Bankinstitut nicht selbst tätig wird, für eine Offenlegung von Vertretungsmacht aus (hier iZm Geldüberweisungen)?

Eine Verpflichtung zum Studium der auf der Rückseite eines Formulars abgedruckten AGBs, um rückschließen zu können, wer Vertragspartner sein soll, besteht weder für Bankkunden noch sonst im allgemeinen Geschäftsverkehr


Schlagworte: Vollmacht, Stellvertretung, Zahlungsdiensterecht, Geldüberweisungen, Agent, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Rückseite eines Formulars
Gesetze:

§§ 1002 ff ABGB, § 3 Z 20 ZaDiG

GZ 1 Ob 257/11t [1], 31.01.2012

 

OGH: Das Finanztransfergeschäft konnte bereits nach der mit dem ZaDiG aufgehobenen Rechtslage gem § 1 Abs 1 Z 23 BWG mit Hilfe von Agenten betrieben werden. Das ZaDiG erlaubt es Zahlungsinstituten demgegenüber ganz allgemein, sich bei der Erbringung ihrer Leistungen eines Agenten zu bedienen. Agenten sind nach § 3 Z 20 ZaDiG natürliche oder juristische Personen, die im Namen eines Zahlungsinstituts Zahlungsdienste erbringen. Bei der Abwicklung eines Zahlungsdienstes nach § 1 Abs 2 Z 5 ZaDiG wird die Tätigkeit des Agenten dem Zahlungsinstitut zugerechnet, sodass dieses für dessen Handlungen nach § 1313a ABGB haftet, jedoch nur unter der allgemeinen Voraussetzung, dass der Agent sein Handeln erkennbar für das Zahlungsinstitut durchführt und seine Stellvertretung gegenüber einem Dritten offenlegt. Tritt der Agent im eigenen Namen auf, wird er selbst berechtigt und verpflichtet.

 

Indem die Beklagte geltend macht, dass der Vertrag nicht mit ihr, sondern mit der Western Union Payment Services Ireland Ltd (WUPSIL ) abgeschlossen worden sei, geht sie offenbar von einem Handeln als Agentin iSd § 3 Z 20 ZaDiG und damit von einem rechtsgeschäftlichen Tätigwerden im fremden Namen aus. Diesen Umstand verkennt das Berufungsgericht, wenn es von der Beklagten als Abschlussvermittlerin spricht. Ein (Abschluss-)Vermittler bringt im Regelfall die an einem Geschäftsabschluss interessierten Personen bloß zusammen und hat als solcher - von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen - keine Vertretungsmacht. Seine Tätigkeit besteht in der Einziehung von Erkundigungen, im Erteilen von Auskünften und der Führung vorbereitender Verhandlungen. Demgegenüber hängt die Frage, ob die Beklagte ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen oder als Agentin nach dem ZaDiG im Namen von WUPSIL abgeschlossen hat, davon ab, ob eine wirksame Stellvertretung vorlag.

 

Die direkte Stellvertretung fordert neben dem Handeln des Stellvertreters im Namen des Vertretenen das Vorliegen von Vertretungsmacht, die hinreichend offengelegt werden muss (Offenlegungsgrundsatz). Nur wenn die Vollmacht vom Vertreter dem Vertragspartner gegenüber offengelegt wird, treten die Rechte und Pflichten aus dem Geschäft unmittelbar beim Geschäftsherrn ein. Dazu ist es nach stRsp erforderlich, dass derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen rechtsgeschäftlich handeln will, dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringt. Legt der Vertreter nicht offen, dass er im Namen eines anderen handeln will, kommt das Geschäft im Zweifel mit ihm selbst zustande. Ob für den Vertragspartner nach den Umständen erkennbar war, dass ein Handeln im fremden Namen vorlag, ist danach zu beurteilen, wie er von seinem Erkenntnishorizont aus gesehen das Auftreten des Handelnden nach der Verkehrssitte verstehen musste. Die Beweislast dafür, dass ein Tätigwerden mit Vollmacht vorliegt, trifft die Beklagte, die ein Handeln im fremden Namen geltend macht.

 

Rechtsgeschäfte, die den Abschluss von Verträgen über Geldüberweisungen zum Inhalt haben, zählen ihrer Art nach zu den laufenden Geschäften eines Bankinstituts. Im Regelfall wird ein Kunde daher darauf vertrauen können, in solchen Angelegenheiten mit jenem Bankinstitut zu kontrahieren, dessen Geschäftsräumlichkeiten er zum Abschluss eines solchen Vertrags aufsucht. Dass die Beklagte entgegen einem solchen Anschein als Stellvertreterin der WUPSIL handelte, war bei richtiger Würdigung für den Kläger allein aus dem Auftragsformular nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. Das ihm ausgehändigte Formular enthielt den vollen Firmenwortlaut der Beklagten und stellte diesem auf seiner Vorderseite die Bezeichnung „Western Union“ gegenüber. Ein ausdrücklicher Hinweis, wer Vertragspartner des Klägers sein sollte, findet sich dort nicht. Eine Verpflichtung zum Studium der auf der Rückseite eines Formulars abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, um rückschließen zu können, wer Vertragspartner sein soll, besteht weder für Bankkunden noch sonst im allgemeinen Geschäftsverkehr. Aus dem Erscheinungsbild des Formulars war für den Kläger nach Ansicht des erkennenden Senats daher nicht mit der für eine Offenlegung von Vertretungsmacht geforderten Klarheit erkennbar, in der von ihm in Angelegenheiten von Geldgeschäften aufgesuchten Filiale der Österreichischen Post AG mit einem anderen Unternehmen als der Beklagten zu kontrahieren. Hinzu kommt, dass der Überweisungsbetrag auf ein Konto einzuzahlen war, das (auch) auf die Beklagte lautete.

 

Allein anhand des Formulars kann daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine wirksame Stellvertretung und damit ein Handeln der Beklagten als Agentin iSd ZaDiG namens von WUPSIL nicht angenommen werden. Insoweit wäre daher im Zweifel von einem Eigengeschäft der Beklagten auszugehen, wenn der Kläger auch sonst nicht auf ein Tätigwerden der Beklagten im fremden Namen hingewiesen wurde. Sollte die Erledigung der Tatsachenrüge der Beklagten zum Ergebnis führen, dass der Kläger entsprechend der Feststellung des Erstgerichts nicht darauf hingewiesen wurde, mit jemand anderem als der Beklagten zu kontrahieren, muss mangels ausreichender Offenlegung von einem Eigengeschäft und nicht von einem Handeln der Beklagten als Agentin namens von WUPSIL ausgegangen werden.