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16.04.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Rechtsanwaltshaftung

Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf annehmen, dass dieser im besonderen Maß geeignet ist, ihn vor Nachteilen zu schützen und alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks zu unternehmen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Rechtsanwalt, Haftung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1304 ABGB, § 9 RAO, §§ 1002 ff ABGB

GZ 4 Ob 145/11v [1], 28.02.2012

 

OGH: Wer einen Rechtsanwalt betraut, darf annehmen, dass dieser im besonderen Maß geeignet ist, ihn vor Nachteilen zu schützen und alle nach der Rechtsordnung erforderlichen Schritte zur Verwirklichung des ihm bekannten Geschäftszwecks zu unternehmen. Dazu gehört insbesondere die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten.

 

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte nicht versucht, die „bestmögliche“ Sicherstellung der (unstrittigen) Forderung zu erwirken, sondern er hat sich schon vor der Besprechung beim Notar auf die Pfandbestellung bei nur einer der drei Liegenschaften beschränkt. Ein dies rechtfertigender Grund ist den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu entnehmen. Damit hat der Beklagte seine primäre Vertragspflicht verletzt. Daraus ergab sich seine weitere Verpflichtung, die Klägerin auf die unterbliebene Pfandbestellung sowie darauf hinzuweisen, dass sie bei Fälligkeit unmittelbar aufgrund des Notariatsakts Exekution (insbesondere) auf die beiden anderen Liegenschaften führen könne. Dieses Wissen durfte er den Leuten der Klägerin nicht unterstellen, die ja davon ausgehen durften, dass er ohnehin alle möglichen Sicherungsmaßnahmen ergriffen habe. Der Beklagte hat daher auch eine vertragliche Informationspflicht verletzt.

 

Ein relevantes Mitverschulden liegt nicht vor. Schon das Berufungsgericht hat zutreffend aufgezeigt, dass sich der Beklagte insofern ausschließlich auf die unterbliebene Exekution nach Fälligkeit der titulierten Forderung stützte. Das kann aber den für die Klägerin handelnden Personen nicht vorgeworfen werden. Denn sie bedienten sich ja gerade eines Rechtsanwalts, um ihre Forderung bestmöglich durchzusetzen. Ihre Untätigkeit beruhte auf einer zweifachen Pflichtverletzung des Beklagten, der zunächst den Auftrag einer „bestmöglichen“ Sicherstellung nicht erfüllt und die Klägerin dann nicht über diesen Umstand und ihre unabhängig davon bestehenden Möglichkeiten zur Anspruchsdurchsetzung aufgeklärt hatte. Unter diesen Umständen begründet es keine - im Verhältnis zum Fehlverhalten des Beklagten ins Gewicht fallende - Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten, wenn die Verantwortlichen der Klägerin einen in juristischer Fachsprache abgefassten Notariatsakt, an dessen Errichtung ja zwei rechtskundige Personen mitgewirkt hatten, nicht auch selbst eingehend studierten und daher auch nicht die richtigen Schlussfolgerungen daraus zogen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Art der Sicherstellung nicht Gegenstand der Verhandlungen war und daher insofern - anders als in 8 Ob 594/89 - kein Grund zu besonderer Aufmerksamkeit bestand.