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25.06.2012 Zivilrecht

OGH: Verpflichtung zur Übergabe der eCard der Minderjährigen anlässlich der Ausübung des Besuchsrechts?

Eine Verpflichtung zur Übergabe der eCard der Minderjährigen anlässlich der Ausübung des Besuchsrechts besteht nicht


Schlagworte: Familienrecht, Besuchsrecht, keine Verpflichtung zur Übergabe der eCard des Minderjährigen
Gesetze:

§ 148 ABGB, § 146 ABGB

GZ 3 Ob 68/12i [1], 15.05.2012

 

OGH: Der Vater bezweifelt nicht, dass es ausschließlich die obsorgeberechtigte Mutter ist, die die Einwilligung zu medizinischen Behandlungen der im Jahr 2003 geborenen Minderjährigen zu erteilen hat.

 

Er stellt auch nicht in Abrede, dass das Rekursgericht zutreffend darauf verwies, dass Ärzte und Krankenanstalten verpflichtet sind, auch ohne Einwilligung der Mutter und ohne Vorlage einer eCard eine medizinische Behandlung vorzunehmen, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung oder der Zustimmung verbundene Aufschub das Leben des Kindes gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre (§ 146c Abs 3 ABGB).

 

Der Vater sieht das Problem darin, dass eine medizinische Behandlung der Minderjährigen bei Ausübung des Wochenendbesuchsrechts trotz Zustimmung der Mutter nicht erfolgen könne, wenn die Mutter an einem anderen Ort wohne oder selbst verreist sei. Erkranke die Minderjährige am Wochenende, ohne dass es sich um einen Notfall iSd § 146c Abs 3 ABGB handle, müsste die Mutter dem Vater die eCard erst überbringen, um einen Arztbesuch des besuchsberechtigten Vaters mit der Minderjährigen zu ermöglichen.

 

Allerdings ist als bekannt vorauszusetzen, dass eine ärztliche Behandlung der Minderjährigen, wenn die Mutter zuvor (etwa telefonisch) ihre Zustimmung erteilt hat, in Ausnahmefällen auch ohne Vorlage einer eCard - durch online-Abfrage des Arztes über die Anspruchsberechtigung, allenfalls iVm einer Kaution - erfolgen kann.