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03.09.2012 Zivilrecht

OGH: Mitverschulden eines achtjährigen Kindes, das, ohne auf den Verkehr zu achten, die Fahrbahn überquert?

Gegen einen Verschuldensvorwurf spricht ua die Ausübung des Spieltriebs


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Straßenverkehrsrecht, Verkehrsunfall, Kind, Mitverschulden, Ausübung des Spieltriebs
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1310 ABGB, § 3 StVO

GZ 2 Ob 124/12t [1], 07.08.2012

 

OGH: Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil der Oberste Gerichtshof bisher regelmäßig von einem Mitverschulden eines achtjährigen Kindes ausgegangen sei, das, ohne auf den Verkehr zu achten, die Fahrbahn überquere.

 

In diesem Sinne zitiert auch die Revision der beklagten Partei diverse oberstgerichtliche Entscheidungen betreffend die Fahrbahn überquerende Kinder dieser Altersstufe.

 

Der vorliegende Einzelfall ist aber dadurch gekennzeichnet, dass der achteinhalbjährige Kläger nicht etwa auf dem Schulweg als Fußgänger am Verkehr teilnahm und im Zuge dessen - bewusst - die Fahrbahn überquerte, sondern - für die Pkw-Lenkerin erkennbar - mit einem weiteren Kind neben der Fahrbahn spielte und im Zuge dessen auf einer Böschung mit einem Schwert in der Hand in Richtung der Fahrbahn krabbelte und sodann über die Fahrbahn lief.

 

Im Zusammenhang mit spielenden Kindern hat der OGH aber bereits in seiner Entscheidung 2 Ob 249/64 ausgesprochen, dass bei der Verschuldensabwägung auch der Spieltrieb des Kindes zu berücksichtigen ist. Ähnlich blieb in 8 Ob 103/82 dahingestellt, ob bei einem etwas mehr als achtjährigen Kind, das im Zuge einer über die Fahrbahn geführten Schneeballschlacht dem Verkehrsgeschehen keinerlei Beachtung schenkte und auf die Fahrbahn stolperte, die Überlegung, dass es sich in Gefahr begebe, überhaupt vorausgesetzt werden kann. Letztlich wurde auch in 1 Ob 161/05s - wenn auch nicht iZm einem Verkehrsunfall - ausgesprochen, dass ua die Ausübung des Spieltriebs ein Argument gegen einen Verschuldensvorwurf - im konkreten Fall gegenüber einem zehneinhalbjährigen Kind - sei.

 

Wenn das Berufungsgericht daher hier zum Ergebnis kam, dass den Kläger kein Mitverschulden am Verkehrsunfall trifft, weicht dies im Hinblick auf die vorliegende Spielsituation nicht von der Rsp des OGH ab und erscheint auch im konkreten Einzelfall nicht korrekturbedürftig.