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08.10.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Frage ob ein Webportal bzw seine Subpages ein Vertragsformblatt iSd KSchG und der einschlägigen Bestimmungen des ABGB sein können

Auch die auf Websites und deren Subpages enthaltenen vorformulierten allgemeinen Vertragsbedingungen, die der Verwender den auf diesem Wege mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen von vornherein zugrundelegen will, unterliegen der verbraucherschutzrechtlichen Geltungs- und Inhaltskontrolle


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Vertragsformblatt, Website, Subpages
Gesetze:

§ 28 KSchG, § 6 Abs 3 KSchG, § 879 Abs 3 ABGB, § 864a ABGB

GZ 2 Ob 59/12h [1], 30.08.2012

 

OGH: Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie auch jener des Vertragsformblatts sind im Gesetz nicht definiert.

 

Nach der Rsp sind unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen zu verstehen, die eine Vertragspartei (der Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in der Vertragsurkunde selbst aufgenommen sind, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat.

 

In 1 Ob 46/10m hatte sich der OGH mit der Frage zu beschäftigen, ob „Gesprächsnotizen“ über das Zustandekommen eines Vertrags und die Vermittlung von Aktien der Beurteilung als AGB bzw Vertragsformblättern zu unterziehen seien. Diese Gesprächsnotizen über Beratungvorgänge waren Formulare, in die individuelle Tatsachen des Kunden, wie dessen Einkommensverhältnisse, Risikobereitschaft etc iSd Aufklärungs- und Dokumentationspflichten des WAG festgehalten wurden. Er kam zu dem Ergebnis, dass die enthaltenen Tatsachenbestätigungen iZm Beratung und Belehrung über die Risken oder die dem Kunden nach dem Gesetz zustehenden Rechte nicht § 28 Abs 1 KSchG unterliegen, sondern Beweismittel für den Individualprozess sind. Andererseits wurden aber in diesen Aufzeichnungen vorgedruckte und standardmäßig verwendete Formulierungen, die eine Gestaltung der vertraglichen Beziehung bewirkten und damit als Willenserklärungen zu werten wären, als der Überprüfung im Verbraucherschutzprozess zugänglich angesehen und deshalb auch die Verwendung einer bestimmten Klausel als intransparent untersagt.

 

Legt man das bereits vom Berufungsgericht unterstrichene weite Verständnis für Vertragsformblätter und die Tatsache, dass nach der Judikatur die Form des Vertrags nicht von Relevanz ist, ebenso zugrunde wie, dass nach der zuletzt geschilderten Entscheidung die Aufnahme individueller Vertragsbestandteile des einzelnen Kunden kein Hindernis dafür ist, andere vorformulierte Bedingungen, die die Vertragsbeziehung determinieren, der verbraucherschutzrechtlichen Geltungs- und Inhaltskontrolle zu unterwerfen, ist davon auszugehen, dass auch die auf Websites und deren Subpages enthaltenen vorformulierten allgemeinen Vertragsbedingungen, die der Verwender den auf diesem Wege mit Verbrauchern abgeschlossenen Verträgen von vornherein zugrundelegen will, dieser Kontrolle unterliegen.

 

Die Tatsache, dass darin Individualelemente des Einzelvertrags, wie zB die Anzahl der bestellten Karten pro Veranstaltung und der daraus resultierende Endpreis, enthalten sind, bzw dass die Website und ihre Subpages allgemeine Informationen enthalten und einer häufigeren Veränderung bzw Aktualisierung unterliegen, ändert an dieser Beurteilung nichts, wenn die Änderung entweder Teile der Website betrifft, die nicht der Vorformulierung der Vertragsbeziehung dienen oder aber eine solche Vordeterminierung der Vertragsbeziehung auf alle zukünftigen, bis zur nächsten Veränderung abgeschlossenen Verträge angewandt werden soll. Auch in letzterem Fall liegen bezogen auf den Einzelvertrag des Verbrauchers - wenn auch häufig veränderte - vorformulierte Vertragsbedingungen vor. Diese Bestimmungen haben daher auch dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG zu genügen.