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29.10.2012 Zivilrecht

OGH: Besondere Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers gem § 30b Abs 2 KSchG iVm § 3 Abs 3 MaklerG (iZm nicht erkennbaren Mängeln)

Besteht für den Makler keine Veranlassung, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln, darf er sie weitergeben und ist zu Nachforschungen nicht verpflichtet; sind keinerlei objektive Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen irgendwelcher Mängel am Vermittlungsobjekt vorhanden, besteht für den Makler keine Veranlassung zu weiteren Nachforschungen, aber auch keine Verpflichtung, den Kläger auf die unter Aufsicht von Fachleuten erfolgte Mitarbeit des Verkäufers bei der Renovierung besonders hinzuweisen


Schlagworte: Maklerrecht, Konsumentenschutzrecht, besondere Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers, versteckte Mängel
Gesetze:

§ 3 MaklerG, § 30b KSchG

GZ 2 Ob 202/11m [1], 20.09.2012

 

OGH: Der erkennende Senat hat sich zuletzt in der Entscheidung 2 Ob 176/10m eingehend mit den Pflichten des Immobilienmaklers befasst. Danach ist von folgender Rechtslage auszugehen:

 

Gem § 3 Abs 1 MaklerG hat der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren. Nach Abs 3 dieser Gesetzesstelle sind Makler und Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Dies gilt auch, wenn der Makler - wie hier - als Doppelmakler zugleich für den Dritten tätig ist. Der vom Immobilienmakler namhaft gemachte Interessent wird dadurch, dass er der Vermittlung zumindest schlüssig zustimmt, zum „Auftraggeber“.

 

Aus § 3 Abs 1 iVm § 5 Abs 3 MaklerG wird abgeleitet, dass der Makler im Fall der zulässigen Doppeltätigkeit zur Wahrung der Interessen der Auftraggeber lediglich im Rahmen des zu erwirkenden Interessenausgleichs verpflichtet ist. Die Pflicht zur Erteilung aller grundsätzlichen Informationen bleibt davon aber unberührt.

 

Gem § 30b Abs 2 KSchG zählen zu den erforderlichen Nachrichten, die der Immobilienmakler dem Auftraggeber nach § 3 Abs 3 MaklerG schriftlich (allenfalls auch mündlich) zu geben hat, jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Es muss sich um wichtige und entscheidungsrelevante Umstände für den Auftraggeber handeln, die sich aus der konkreten vertraglichen Vereinbarung ergeben können. Des Weiteren sind die Grundsatzinformationen iZm dem Vermittlungsgegenstand zu erteilen. Auch gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften können von der Informationspflicht des Maklers umfasst sein. Demnach soll der Makler den Verbraucher etwa über die Beschaffenheit des Kaufobjekts und dessen Eignung für die vorgesehene Nutzung informieren, soweit diese Umstände dem Erwerber als Laien nicht erkennbar sind. Der Makler ist Sachverständiger iSd § 1299 ABGB, weshalb von ihm erwartet werden kann, über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen. Er verletzt seine Pflichten nicht nur dann, wenn er den Auftraggeber nicht aufklärt, sondern auch dann, wenn seine Angaben nicht richtig oder aufgrund ihrer Unvollständigkeit missverständlich sind. Eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers wird in stRsp aber verneint. Besteht für den Makler keine Veranlassung, an der Richtigkeit einer Information zu zweifeln, darf er sie weitergeben und ist zu Nachforschungen nicht verpflichtet.

 

Verletzt der Makler die ihn nach § 3 Abs 1 bis 3 MaklerG treffenden Pflichten oder die besonderen vorvertraglichen Pflichten nach § 30b Abs 1 KSchG, kann der Auftraggeber Schadenersatz verlangen (§ 3 Abs 4 MaklerG; § 30b Abs 1 letzter Satz KSchG). § 3 Abs 4 Satz 1 MaklerG verweist auf allgemeines Schadenersatzrecht, sodass für die Haftung schon Fahrlässigkeit genügt.

 

Der Kläger, ein Verbraucher, wirft der Beklagten in dritter Instanz als Pflichtwidrigkeit nur noch vor, sie habe ihn nicht über die ihr bekannte Tatsache informiert, dass der Verkäufer bei der Renovierung des Hauses selbst mitgewirkt habe. Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist dazu Folgendes auszuführen:

 

Zu den wesentlichen Umständen, über welche die Beklagte den Kläger zu informieren hatte, gehörten die Beschaffenheit des Objekts und dessen Eignung zur angestrebten Nutzung, also zu Wohnzwecken. Die Beklagte beschrieb das Objekt im Exposé als „völlig neu und aufwändig renoviert“. Diese Aussage entsprach den Tatsachen, wovon sich auch der Kläger einen persönlichen Eindruck verschaffen hat. Die renovierten Teile des Hauses wurden gemeinsam besichtigt, Mängel waren nicht erkennbar. Aus den Angaben des Verkäufers, an deren Verlässlichkeit sie keinen Grund zu zweifeln hatte, musste die Beklagte auch keineswegs schließen, dass die Arbeiten etwa „im Pfusch“ gemacht worden wären. Da der Verkäufer nach eigenem Bekunden bei der Renovierung nur „unter Aufsicht von Unternehmen oder Firmenchefs“ selbst Hand angelegt hatte - was nicht schon per se als ungewöhnlich erscheint; vielmehr ist eine hilfsweise Mitwirkung von Bauherrn im Eigenheimbau weit verbreitet -, durfte sie ohne gegenteilige Hinweise vielmehr auf eine fachmännische Ausführung vertrauen.

 

Da keinerlei objektive Anhaltspunkte für das mögliche Vorliegen irgendwelcher Mängel am Vermittlungsobjekt vorhanden waren, bestand für die Beklagte keine Veranlassung zu weiteren Nachforschungen, aber auch keine Verpflichtung, den Kläger auf die unter Aufsicht von Fachleuten erfolgte Mitarbeit des Verkäufers bei der Renovierung besonders hinzuweisen. Die Feststellungen geben keinen Anlass zu der Annahme, dass der Kläger - für die Beklagte erkennbar - Wert auf eine derartige Information gelegt hätte. Seine Behauptung, er habe ein „dem neuesten Stand der Technik“ entsprechendes Objekt gewünscht und die Beklagte habe ihm das auch zugesichert, widrigenfalls er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, vermochte er nicht unter Beweis zu stellen. Nur am Rande sei erwähnt, dass ein Zusammenhang zwischen den Eigenleistungen des Verkäufers und den später (ab 2004) erkannten Mängeln nicht erwiesen ist.

 

Der Beklagten ist demnach ihr Schweigen über die Mitwirkung des Verkäufers an der Renovierung des Objekts nicht als Pflichtwidrigkeit iSd § 3 Abs 3 MaklerG iVm § 30b Abs 2 KSchG vorwerfbar. Die auf Schadenersatz gestützten Ansprüche des Klägers sind daher unberechtigt.