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29.10.2012 Wirtschaftsrecht

OGH: Privatstiftung – zur Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen im Fall einer Errichtungstreuhand eine nachträgliche Übernahme der Stifterstellung durch den Treugeber zulässig ist

Auch bei der Errichtungstreuhand kann der Treuhänder auf Stifterrechte nur verzichten, sie im Hinblick auf § 3 Abs 3 PSG jedoch nicht dem Treugeber abtreten, also ihm „herausgeben“


Schlagworte: Privatstiftung, Errichtungstreuhand, keine Übernahme der Stifterstellung durch den Treugeber
Gesetze:

§ 3 PSG, § 33 PSG, § 9 PSG, §§ 1002 ff ABGB, § 13 KStG

GZ 6 Ob 158/11w [1], 14.09.2011

 

OGH: Nach hA ist die Errichtung einer Privatstiftung durch einen Treuhänder, der im eigenen Namen erklärt, die Privatstiftung errichten zu wollen und das Vermögen zu widmen, zulässig.

 

Der OGH hat sich zwar zu dieser Frage noch nicht konkret geäußert (die Entscheidung 3 Ob 1/10h betraf eine Privatstiftung nach liechtensteinischem Recht). Jedenfalls seit Inkrafttreten des § 13 Abs 6 KStG idF BGBl 34/2010 mit 1. 7. 2010 ist diese Frage jedoch hinreichend beantwortet; der Gesetzgeber selbst spricht in dieser Bestimmung vom Auftreten eines Stifters über eine verdeckte Treuhandschaft.

 

Es entspricht stRsp des OGH, dass ein nachträglicher Beitritt einer Person als Stifter nicht in Betracht kommt; aus § 9 Abs 1 Z 5 PSG ergibt sich die Absicht des Gesetzgebers, die Person des Stifters bei Errichtung der Stiftung „ein für allemal klarzustellen“. Damit ist aber auch ein Verzicht des Stifters auf seine Stifterstellung unmöglich.

 

Diese Rsp deckt sich mit der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung. Hingegen treten va Ch. Nowotny, Kalss und H. Torggler für die Zulässigkeit einer nachträglichen Stifterstellung ein.

 

Der Revisionsrekurs meint, diese Rsp lasse sich auf den Fall einer Errichtungstreuhand nicht anwenden, sei doch in diesem Fall die Stifterstellung den Errichtungstreugebern von vorneherein wirtschaftlich zugeordnet.

 

Er übersieht dabei, dass das Treuhandeigentum, welches der Treuhänder bei Errichtung der Privatstiftung dieser gewidmet hatte, dessen ungeteiltes Eigentum war und dass dem Treugeber lediglich obligatorische Ansprüche gegen den Treuhänder zustehen. Maßgeblich für die Stifterstellung ist aber die zivilrechtliche, nicht die wirtschaftliche Stifterstellung; an der Errichtung der Privatstiftung war daher der Treugeber nicht beteiligt, auch wenn sie in seinem wirtschaftlichen Interesse erfolgte.

 

Damit würde aber auch im Fall einer Errichtungstreuhand der Treugeber nachträglich in die Stifterstellung eintreten; dies ist nach stRsp nicht zulässig.

 

Ch. Nowotny hält im Fall einer Errichtungstreuhand den (späteren) Eintritt des Treugebers in die Stifterstellung auch im Außenverhältnis anstelle des Treuhänders - und zwar im Wege einer Änderung der Stiftungserklärung - für zulässig; der Treuhänder habe das Treugut herauszugeben, dies seien hier die Stifterrechte.

 

Dem ist entgegen zu halten, dass der Treuhänder auf diese Stifterrechte nur verzichten, sie im Hinblick auf § 3 Abs 3 PSG jedoch nicht dem Treugeber abtreten, also ihm „herausgeben“ könnte. Außerdem weist Arnold zutreffend darauf hin, dass nach der genannten Bestimmung eine Auflösung der Treuhandschaft mit damit verbundener Übertragung der Stifterstellung nicht möglich ist; dieselben Gründe, die gegen den nachträglichen Erwerb einer Stifterstellung sprechen, stehen daher auch einer Übertragung der stiftungsrechtlichen Stifterstellung auf einen Treugeber entgegen.

 

Damit war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Einer weiteren Auseinandersetzung mit den Überlegungen des Rekursgerichts, dass „jedenfalls“ bei Begründung des Treuhandverhältnisses dieselben Formvorschriften eingehalten hätten werden müssen, wie sie für die Errichtung der Privatstiftung verlangt werden (Notariatsakt), bedarf es nicht.