OGH > Zivilrecht
19.11.2012 Zivilrecht

OGH: Zur Ordnungsgemäßheit der Pistensicherung – Pistenbetreiberhaftung bei Pistenpräparierungsarbeiten nach Betriebsschluss

Wurden an der Unfallstelle vor Beginn der Arbeiten Hinweisschilder klar sichtbar aufgestellt, so ist die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach der Lift- und Pistenbetreiberin kein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls der Klägerin anzulasten ist, vertretbar


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Pistenbetreiberhaftung, Pistenpräparierungsarbeiten, nach Betriebsschluss, Hinweisschilder
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

GZ 2 Ob 119/12g [1], 11.10.2012

 

OGH: Nach einhelliger Auffassung sind nur atypische Gefahren zu sichern, also solche Hindernisse, die der Schifahrer nicht ohne weiteres erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann; atypisch ist eine Gefahr, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewussten Schifahrer unerwartet oder schwer abwendbar ist. Ein über die Piste gespanntes Stahlseil („Seilwindenpräparierung“) stellt auch nach Pistenschluss eine atypische Gefahr dar. Jedoch muss der „Spätheimkehrer“, der erst nach Pistenschluss abfährt, mit Arbeiten auf der Piste rechnen, die nur um diese Zeit überhaupt oder ausreichend intensiv ausgeführt werden können.

 

Für die Frage, ob die Beklagte als Lift- und Pistenbetreiberin ein Verschulden am Unfall der Klägerin trifft, ist entscheidend, ob ihre Absicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Seilwindenpräparierung ausreichend waren. Der konkrete Inhalt einer vertraglichen Schutzpflicht sowie einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht hängt allerdings immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt darauf an, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind. Ob in dem, im Wesentlichen von der konkreten örtlichen Situation abhängigen Rahmen die Pistenhalterin das ihr Zumutbare unterlassen hat, entzieht sich wegen der Einzelfallbezogenheit genereller Aussagen.

 

Im vorliegenden Fall wies in der Talstation eine gelbe Tafel in der Größe von 45 x 45 cm allgemein auf Gefahren nach Ende des Pistenbetriebs hin. Weiters befand sich im Talbereich ein Hinweis auf die Betriebszeiten. Vor allem aber wurden an der Unfallstelle vor Beginn der Arbeiten zwei Transparente am Pistenrand aufgestellt, ein weiteres Schild befand sich in der Mitte der Piste. Aufgrund dieser Absicherungsmaßnahmen der Beklagten ist die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach der Beklagten kein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls der Klägerin anzulasten ist, vertretbar und stellt keine (grobe) Fehlbeurteilung dar.

 

Der Zeitpunkt des Beginns der Pistenpräparierungsarbeiten ist unerheblich, zumal sich der Unfall jedenfalls nach Betriebsschluss ereignet hat.