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12.02.2013 Zivilrecht

OGH: Haftung der Bank für unrichtige oder irreführende Informationen, die sie über einen Vertriebskanal verbreitet, sowie für Fehlverhalten eines Vermögensberaters

Das Fehlverhalten eines Vermögensberaters kann einer Bank nur dann zugerechnet werden, wenn sich diese zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Kunden des Beraters bedient; die Bank haftet aber wegen marktmanipulativer Handlungen, also etwa für Schäden aus der Verbreitung falscher oder irreführender Nachrichten


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Bankhaftung, Anlageberater, selbständiger Vermögensberater, Erfüllungsgehilfe, Marktmissbrauch, Marktmanipulation, Verbreitung von Informationen, unrichtige / irreführende Informationen
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1313a ABGB, § 48a BörseG

GZ 8 Ob 104/12w [1], 24.01.2013

 

OGH: Das Fehlverhalten eines selbständigen Vermögensberaters kann einer Bank iSd § 1313a ABGB nur dann zugerechnet werden, wenn dieser im Pflichtenkreis der Bank tätig wird und sich die Bank zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber dem Kunden des Beraters bedient. Die Bestimmungen des BörseG wegen marktmanipulativer Handlungen (§ 48a Abs 1 Z 2 BörseG) sind als Schutzgesetze zu qualifizieren. In den Schutzbereich sind jedenfalls Kunden der Bank einzubeziehen, die über einen von dieser vorgesehenen Vertriebsweg betreut werden. Werden von der Bank Informationen zur Weiterleitung (jedenfalls) an Kunden im Weg eines vorgesehenen Vertriebswegs bereitgestellt, so hat sie für Schäden aus falschen bzw irreführenden Nachrichten oder aus falschen oder irreführenden Signalen mit Eignung zur Kursbeeinflussung einzustehen, wenn den für sie handelnden Personen diese Umstände bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird das Vorliegen der dargestellten Tatbestandselemente des § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG näher zu klären sein. Sind der Beklagten bewusst oder erkennbar falsche bzw irreführende Informationen in Bezug auf das Halten der in Rede stehenden Wertpapiere im Herbst 2007 zuzurechnen, so hat sie für den schadenskausalen Ratschlag des Beraters gegenüber den Klägern, die Aktien nicht zu verkaufen, einzustehen. Sollten die von der Beklagten ausgehenden Informationen in Bezug auf die Aktien der beiden Emittentinnen sogar als für die Öffentlichkeit bestimmte (direkte oder indirekte) Empfehlung für eine bestimmte Anlageentscheidung iSd § 48f Abs 1 Z 3 und 4 BörseG aufzufassen sein, so käme - mit Rücksicht auf das Vorbringen der Kläger - auch eine Verletzung der in Abs 5 und 6 leg cit vorgesehenen Offenlegungsverpflichtungen (in Bezug auf bestimmte Interessenkonflikte) in Betracht (vgl dazu § 48 Abs 1 Z 2 BörseG).

 

Der von den Klägern geltend gemachte Schaden bezieht sich auf die Vermögensminderung, die nach ihren Behauptungen dadurch herbeigeführt wurde, dass aufgrund falscher oder irreführender Informationen die Veräußerung der Anlage unterblieben ist. Für die allfällige Schadensberechnung wird der Zeitpunkt zu konkretisieren sein, zu dem die Kläger vom Berater (spätestens) die für den Nichtverkauf der Wertpapiere relevante (allfällige) Fehlinformation erhielt.