OGH > Wirtschaftsrecht
19.03.2013 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur wettbewerbsrechtlichen Unzulässigkeit von Werbung in den Zügen des Mitbewerbers

Die Auffassung des Rekursgerichts, Werbung in Geschäftsräumlichkeiten eines Mitbewerbers verstoße gegen dessen Hausrecht und sei daher unlauter iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG, trifft zu


Schlagworte: Wettbewerbsrecht, unlautere Geschäftspraktiken, Werbung, Hausrecht, Meinungsfreiheit, Geschäftslokal, Werbung im Geschäftslokal
Gesetze:

§ 1 UWG, § 18 UWG, § 354 ABGB, § 370 ABGB, Art 5 StGG, Art 9 StGG, Art 8 EMRK

GZ 4 Ob 1/13w [1], 12.02.2013

 

OGH: Soweit kein gezieltes Abfangen von Kunden vorliegt, ist Werbung in unmittelbarer Nähe des Geschäfts eines Mitbewerbers zwar zulässig. Auch muss ein Geschäftsinhaber trotz seines Hausrechts Testkäufe dulden, wenn sich die damit Beauftragten wie andere Kunden verhalten und den normalen Geschäftsablauf nicht stören.

 

Davon zu unterscheiden ist aber die Werbung im Geschäftslokal eines Mitbewerbers. Einer solchen Werbung könnte sich der Geschäftsinhaber schon aufgrund seiner dinglichen oder quasidinglichen Rechtsstellung widersetzen.

 

Angesichts der unzähligen anderen Möglichkeiten, für ein bestimmtes Angebot zu werben, wird die Meinungsäußerungsfreiheit eines Unternehmens durch die Unzulässigkeit einer Werbung im Geschäftslokal eines Mitbewerbers (hier in den Zügen der Klägerin) keinesfalls in unverhältnismäßiger Weise beschränkt.

 

Werbung im Geschäftslokal eines Mitbewerbers verstößt somit gegen die nach allgemeinem Zivilrecht bestehende Verpflichtung, dessen Hausrecht zu achten. Damit fällt dieses Verhalten grundsätzlich in die Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ und ist daher - außer bei Vorliegen einer vertretbaren Rechtsansicht oder bei Fehlen der Eignung zur spürbaren Beeinflussung des Wettbewerbs - unlauter iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG.