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28.10.2013 Zivilrecht

OGH: Steuerberaterhaftung (iZm Verabsäumung, auf die Pflichtversicherung nach dem ASVG hinzuweisen)

Auch wenn es keinen generellen Auftrag zur sozialversicherungsrechtlichen Beratung gegeben hat, hätte dem Beklagten doch bei Durchführung der Lohnverrechnungen auffallen müssen, dass für den als Dienstnehmer gemeldeten Zweitkläger keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind; dass er nicht zumindest auf eine allfällige Notwendigkeit einer Überprüfung dieser Vorgehensweise hingewiesen hat, ist ihm vorzuwerfen


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Steuerberater, Haftung, Sozialversicherungsbeiträge, Lohnverrechnung
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB, § 1299 ABGB, § 3 WTBG, ASVG

GZ 7 Ob 121/13i [1], 04.09.2013

 

Die Kläger machen Schadenersatzansprüche gegen den beklagten Steuerberater geltend, weil er es verabsäumt habe, sie auf die Pflichtversicherung des Zweitklägers nach dem ASVG hinzuweisen.

 

OGH: Steuerberater sind - ebenso wie Rechtsanwälte - Sachverständige iSd § 1299 ABGB und unterliegen somit einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab. Den Steuerberater treffen für seinen Mandanten Schutz-, Fürsorge- und Aufklärungspflichten. Da die Auskunfts- und Fürsorgepflichten des Steuerberaters jedoch nicht überspannt werden dürfen, können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die seine Fachgenossen gewöhnlich haben. Die Auskunfts- und Fürsorgepflicht reicht nur soweit, als für den Steuerberater aus einem Fehlverhalten der Eintritt eines Schadens für seinen Mandanten bei gewöhnlichem Lauf der Dinge vorhersehbar ist. Bei der Beurteilung besonderer Sorgfaltsmaßstäbe sind der konkrete Auftrag und die sonstigen Umstände des Einzelfalls maßgeblich, sie begründet daher regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung.

 

Die Vorinstanzen warfen dem Beklagten zumindest ab 1. 7. 1999 schuldhaftes Verhalten vor. Da er als Steuerberater nach § 3 Abs 2 Z 3 WTBG, das am 1. 7. 1999 in Kraft getreten sei, befugt sei, in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen zu beraten, seien bei ihm die entsprechenden Fachkenntnisse vorauszusetzen. Infolge einer Gesetzesänderung sei 1999 das Prinzip der Pflichtversicherung in Kraft getreten, wonach der bis dahin bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft über seinen persönlichen Gewerbeschein versicherte Zweitkläger nunmehr zwingend bei der VGKK nach dem ASVG zu versichern gewesen wäre. Auch wenn es keinen generellen Auftrag zur sozialversicherungsrechtlichen Beratung gegeben habe, hätte dem Beklagten doch bei Durchführung der Lohnverrechnungen auffallen müssen, dass für den als Dienstnehmer gemeldeten Zweitkläger keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Dass er nicht zumindest auf eine allfällige Notwendigkeit einer Überprüfung dieser Vorgehensweise hingewiesen habe, sei ihm vorzuwerfen.

 

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen ist vertretbar und bedarf keiner Korrektur.