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13.12.2013 Verfahrensrecht

OGH: Zum Aussageverweigerungsrecht eines Notars

Die Eigenschaft als Testamentszeuge steht einer Berufung auf die notarielle Verschwiegenheitspflicht nach § 37 NO entgegen


Schlagworte: Zeuge, Aussageverweigerungsrecht, Notar, fremdhändiges Testament
Gesetze:

§ 35 AußStrG, § 321 ZPO, § 5 NO, § 37 NO

GZ 2 Ob 61/13d [1], 23.10.2013

 

OGH: § 321 ZPO enthält eine taxative Aufzählung von Geheimnissen, die einen Zeugen berechtigen, die Beantwortung einzelner Fragen zu verweigern. Überwiegend wird der Geheimnisschutz an gesetzliche Verschwiegenheitspflichten des Zeugen geknüpft. Staatlich anerkannt ist eine Verschwiegenheitspflicht dann, wenn sie durch ein Gesetz normiert wird.

Nach § 37 Abs 1 NO ist der Notar, soweit er nicht „nach diesem Gesetz Mitteilungen aus seinen Akten zu machen hat“, den Beteiligten zur Verschwiegenheit über die „vor ihm stattgehabten Verhandlungen“ verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht umfasst damit grundsätzlich alle Bereiche notarieller Berufsausübung, also auch das den Notaren in § 5 NO eingeräumte Recht, Privaturkunden zu verfassen.

 

Gem § 579 ABGB muss der Erblasser ein fremdhändiges Testament eigenhändig unterfertigen und ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein müssen, ausdrücklich erklären, dass der Aufsatz seinen letzten Willen enthalte (nuncupatio). Der Testator hat die nuncupatio nicht schlechthin gegenüber irgendeiner dritten Person sondern vor den Testamentszeugen zu erklären, die sich ihrer Zeugeneigenschaft bewusst sein müssen. Die Testamentszeugen haben demnach alle jene Vorgänge zu bezeugen, aus denen erschlossen werden kann, ob der Erblasser ausdrücklich erklärt hat, dass der „Aufsatz“ sein letzter Wille sei.

Bei der Ablegung des Zeugnisses über die nuncupatio ist der Notar nicht an die Verschwiegenheitspflicht gebunden. Da der Testator zweifellos ein formgültiges Testament errichten wollte, liegt es nicht nur im Interesse des darin Bedachten, sondern auch in jenem des Erblassers, dass die Testamentszeugen die von ihnen übernommene Zeugenpflicht uneingeschränkt erfüllen. Insoweit steht gerade das schützenswerte Vertrauensverhältnis zwischen Partei und Notar einer Berufung auf die notarielle Verschwiegenheitspflicht nach § 37 NO entgegen. Sie wäre mit den Pflichten eines Testamentszeugen schlicht unvereinbar und würde Zweifel an seiner Zeugnisfähigkeit wecken.