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14.02.2014 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Frage, ob für die Dritthaftung des Abschlussprüfers die Kenntnis des konkreten haftungsbegründenden Bestätigungsvermerks vorausgesetzt wird oder eine „Anlagestimmung“ genügt

Stellt der Abschlussprüfer schuldhaft einen unrichtigen Bestätigungsvermerk aus, so wird er einem Dritten, der im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet, ersatzpflichtig; der geschädigte Anleger hat zu behaupten und zu beweisen, dass er seine Anlageentscheidung im Vertrauen auf den erteilten Bestätigungsvermerk getroffen und diesen zur Grundlage seiner schadensauslösenden Disposition gemacht hat.


Schlagworte: Unternehmensrecht, Gesellschaftsrecht, Abschlussprüfer, Prospektkontrollor, Emittent, Pflichtverletzung, Dritthaftung, Anleger, vorsätzliche Pflichtverletzung, Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, Bestätigungsvermerk, Prüfungsvertrag, Jahresabschluss, Anlagestimmung, prima facie-Beweis
Gesetze:

§ 11 Abs 7 KMG, , § 8 KMG, § 275 UGB, §§ 1295 ff ABGB

GZ 8 Ob 105/13v [1], 28.10.2013

OGH: Den Abschlussprüfer trifft aufgrund des Prüfungsvertrags nur gegenüber dem geprüften Unternehmen eine vertragliche Haftung. In der Rsp des OGH ist allerdings geklärt, dass der Vertrag zwischen Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft einen Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter darstellt. Erfasst sind alle potentiellen Gläubiger der Gesellschaft, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden sollen. Der OGH anerkennt damit die Haftung des Abschlussprüfers auch gegenüber geschädigten Anlegern.

 

In der E 10 Ob 88/11f und 1 Ob 35/12x hat der OGH zu den Grundlagen der Dritthaftung des Abschlussprüfers Stellung genommen. Darin gelangte er zum Ergebnis, dass die Haftung des Abschlussprüfers Folge der vorgeschriebenen Offenlegung des Jahresabschlusses einschließlich des Bestätigungsvermerks ist und sich daher auf potentiell geschädigte Dritte erstreckt, die im Vertrauen auf die Richtigkeit des Jahresabschlusses mit der geprüften Gesellschaft kontrahieren und im Insolvenzfall mit dem (teilweisen) Ausfall ihrer Forderungen konfrontiert sind. Der Abschlussprüfer, der den Jahresabschluss mit einem Bestätigungsvermerk versehen hat, haftet daher gegenüber jedem Anleger für den Schaden, der diesem im Vertrauen auf den Bestätigungsvermerk und die Richtigkeit des Jahresabschlusses entstanden ist.

 

In der E 10 Ob 69/11m hat der OGH zur Prospekthaftung des Emittenten bzw des Prospektkontrollors darauf hingewiesen, dass von einem Teil der L vertreten wird, dass bereits ein am Markt vorhandener fehlerhafter Prospekt zu einer „Anlagestimmung“ führen und derart einen prima facie-Beweis zu Gunsten des Anlegers iSe anzunehmenden Beeinflussung bewirken kann, wobei die österr Rsp einen solchen Anscheinsbeweis jedoch ablehnt.