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22.02.2014 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: § 16 AngG steht dem nachträglichen Wegfall eines bereits aliquot erworbenen Sonderzahlungsanspruchs entgegen

Eine Kollektivvertragsbestimmung, wonach der Sonderzahlungsanspruch bei einer schuldhaften Entlassung, einem unberechtigten Austritt oder einer Nichteinhaltung der Kündigungsfrist durch den Dienstnehmer als gar nicht erworben gilt, verstößt gegen die zwingende Bestimmung des § 16 AngG


Schlagworte: Angestelltenrecht, Sonderzahlung, nachträglicher Wegfall, Kollektivvertrag
Gesetze:

§ 16 AngG, § 40 AngG

GZ 9 ObA 82/13v [1], 26.11.2013

 

OGH: Es Ist den Kollektivvertragsparteien unbenommen, das Entstehen des Anspruchs auf Sonderzahlungen, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht, an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Regelungen in (Arbeiter-)Kollektivverträgen, wonach der Anspruch auf die aliquoten Sonderzahlungen bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis ua dann entfällt (erlischt), wenn der Arbeitnehmer unberechtigt vorzeitig ausgetreten ist oder berechtigt entlassen wird, wurden für zulässig erklärt.

§ 16 AngG schafft keinen gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlungen, sondern setzt einen solchen - aufgrund eines Einzelvertrags, eines Kollektivvertrags oder einer sonstigen (neben dem AngG anwendbaren) Norm bestehenden - Anspruch voraus. Der Zweck der zwingenden Bestimmung des § 16 AngG liegt darin, dem Angestellten das durch die Arbeitsleistung quotenmäßig fortlaufend von Tag zu Tag verdiente Entgelt auch dann zu sichern, wenn er vorzeitig ausscheidet.

Sonderzahlungen sind eine Form aperiodischen Entgelts, dh mit abweichenden Fälligkeitsterminen, gehören aber zum „laufenden Entgelt“. Sie sollen die Tag für Tag geleistete Arbeit abgelten und werden daher als Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit gesehen. Vereinbarungen, wonach der Anspruch des Arbeitnehmers auf den aliquoten Teil der bereits ins Verdienen gebrachten periodischen Sonderzahlung unter gewissen Voraussetzungen entfällt, sind daher grundsätzlich unwirksam.