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02.09.2014 Zivilrecht

OGH: Zahlscheingebühr für Versicherungsprämien – zu den Fragen, ob das ZaDiG auf Versicherer anwendbar ist und Zahlscheine von § 27 Abs 6 Satz 2 ZaDiG erfasst sind

Die Beklagte als Versicherer unterliegt § 27 Abs 6 ZaDiG; ihre Geschäftspraxis, von Kunden im Fall der Überweisung von Versicherungsprämien mittels Zahlscheins ein gesondertes Entgelt zu verlangen, widerspricht dem Gesetz


Schlagworte: Zahlungsdienste, Entgelte, Zahlscheingebühr für Versicherungsprämien, Versicherer, Zahlungsinstrument
Gesetze:

§ 27 ZaDiG, § 41b VersVG

GZ 7 Ob 78/14t [1], 09.07.2014

 

OGH: Mit Urteil vom 9. 4. 2014, C-616/11, hat der EuGH die Vorlagefragen wie folgt beantwortet:

 

1. Art 52 Abs 3 der RL 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 11. 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (in der Folge: RL) ist dahin auszulegen, dass er auf die Nutzung eines Zahlungsinstruments im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen einem Mobilfunkbetreiber als Zahlungsempfänger und seinem Kunden als Zahler Anwendung findet.

 

2. Art 4 Nr 23 der RL ist dahin auszulegen, dass es sich sowohl bei dem Verfahren zur Erteilung eines Überweisungsauftrags durch einen vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein als auch bei dem Verfahren zur Erteilung eines Überweisungsauftrags im Onlinebanking um Zahlungsinstrumente im Sinne dieser Bestimmung handelt.

 

3. Art 52 Abs 3 der RL ist dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten die Befugnis einräumt, Zahlungsempfängern generell zu untersagen, vom Zahler für die Nutzung eines Zahlungsinstruments ein Entgelt zu verlangen, sofern die nationale Regelung insgesamt der Notwendigkeit Rechnung trägt, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

 

Im Vorlagefall kam der OGH in seinem Urteil vom 17. 6. 2014, 10 Ob 27/14i, zu dem Ergebnis, dass der Weg des österreichischen Rechts, die gesonderte Verrechnung etwaiger Zusatzkosten des Gläubigers iZm der Zahlung gänzlich zu verbieten, es dem Gläubiger aber zu gestatten, solche Kosten bei der Kalkulation seiner Preise mitzuberücksichtigen und zugleich Ermäßigungen für bestimmte (effiziente) Zahlungsinstrumente zuzulassen, weder dem Wortlaut noch dem Zweck der Richtlinienvorgaben widerspricht. Der Gesetzgeber hat die Grenzen des Ermessens iSd § 52 Abs 3 und des 42. Erwägungsgrundes der RL nicht überschritten. Es wird damit auch nicht in die Grundrechte des Zahlungsempfängers, insbesondere in sein Eigentumsrecht, eingegriffen.

 

Der erkennende Senat schließt sich den in 10 Ob 27/14i dargelegten Überlegungen an. Im Übrigen wurde durch § 41b VersVG idF VersRÄG 2013, BGBl I 12/2013, nunmehr ausdrücklich geregelt, dass das Recht des Versicherers nach dieser Bestimmung nur „vorbehaltlich § 27 Abs 6 ZaDiG“ gelte.

 

Die Beklagte als Versicherer unterliegt § 27 Abs 6 ZaDiG. Ihre Geschäftspraxis, von Kunden im Fall der Überweisung von Versicherungsprämien mittels Zahlscheins ein gesondertes Entgelt zu verlangen, widerspricht dem Gesetz.