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12.09.2014 Zivilrecht

OGH: Zum Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs (iZm Messie-Syndrom)

Eine Verwahrlosung des Bestandobjekts iVm einer erheblichen Brand- oder Ungeziefergefahr durch Lagerung von Unrat stellt idR einen erheblichen nachteiligen Gebrauch vom Bestandgegenstand dar


Schlagworte: Mietrecht, Kündigung, erheblich nachteiliger Gebrauch, Messie-Synodrom
Gesetze:

§ 30 MRG

GZ 8 Ob 67/14g [1], 25.08.2014

 

OGH: Ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG liegt vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht, oder wenn das Verhalten des Mieters geeignet ist, den Ruf oder wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Vermieters oder der Mitmieter zu schädigen oder zu gefährden. Es entspricht daher der Rsp, dass eine Verwahrlosung des Bestandobjekts iVm einer erheblichen Brand- oder Ungeziefergefahr durch Lagerung von Unrat einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Bestandgegenstand darstellt.

 

Aufgrund des unhygienischen Zustands in der aufgekündigten Wohnung durch das Ausmaß der Ablagerungen und Verschmutzungen besteht die Gefahr eines Ungezieferbefalls. Durch Abdecken der Lüftungsschlitze der Elektrogeräte mit Büchern, Prospekten und Wäsche sowie durch die konkrete Lagerung va von Kleidung und Büchern besteht die eminente Gefahr eines Wohnungsbrands. Zudem hat das Erstgericht eine Substanzgefährdung für die in Rede stehende Wohnung festgestellt.

 

Der vom Erstgericht herangezogene Kündigungstatbestand ist damit objektiv verwirklicht.

 

Die Erfüllung dieses Kündigungstatbestands setzt nach der Rsp neben den dargestellten objektiven Elementen kein Verschulden des Mieters voraus. Es ist aber erforderlich, dass dem Mieter die Nachteiligkeit seines Verhaltens zumindest bewusst war oder bewusst sein musste.

 

Die Schädlichkeit seines Verhaltens muss dem Mieter nicht subjektiv erkennbar sein. Vielmehr wird nur die nach einem allgemeinen Maßstab von einem durchschnittlichen Mieter zu erwartende Erkennbarkeit der Schädlichkeit eines bestimmten Verhaltens zur Erfüllung des Kündigungsgrundes des erheblich nachteiligen Gebrauchs gefordert. Davon abgesehen hat der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 2. 10. 2013 (ON 35) selbst vorgebracht, dass er sich des Problems (dass sich aufgrund des Messie-Syndroms beträchtliche Mengen an Gegenständen in der Wohnung befinden) bewusst ist, weshalb er sich in einer entsprechenden Selbsthilfegruppe befinde.