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24.02.2015 Zivilrecht

OGH: Besuchsrechtsstreit – zur Frage, ob auch für einen „Trennungsschmerz“ Schmerzengeld gebührt

§ 159 ABGB (früher § 145b ABGB) dient zwar in erster Linie dem Schutz des Kindeswohls, aber auch jener Personen, deren im Familienrecht begründete, auch absolut geschützte Rechtsstellung durch ein missbilligtes Verhalten beeinträchtigt wird; Verhaltenspflichten, die sich aus dem Schutz des Eltern-Kind-Verhältnisses ergeben, schützen also auch den anderen Elternteil; deren schuldhafte Verletzung kann daher zu Schadenersatzansprüchen führen; der Ersatz von „Schockschäden“ wurde nur bei den massivsten Beeinträchtigungen gewährt; dem kann eine bloß vorübergehende Trennung von einem Kind, das der Vater wohlauf und in guter Obsorge wusste, wohl regelmäßig nicht gleichgehalten werden


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Familienrecht, persönliche Kontakte, Besuchsrechtsstreit, Trennungsschmerz, Schmerzengeld, Schockschäden
Gesetze:

 

§ 1325 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 159 ABGB, § 145b ABGB aF, § 186 ABGB, § 187 ABGB

 

GZ 9 Ob 28/14d [1], 27.11.2014

 

OGH: Bereits ausreichend geklärt ist, dass das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ein von der Rechtsordnung anerkanntes, grundrechtlich abgesichertes Rechtsverhältnis ist, das auch das Streben nach persönlichem Kontakt erfasst und auch von Dritten zu respektieren ist. Diese Pflicht trifft auch den obsorgeberechtigten Elternteil, der aufgrund seiner faktischen Position in besonderer Weise die Möglichkeit hat, die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu fördern oder zu stören. § 159 ABGB (früher § 145b ABGB) dient zwar in erster Linie dem Schutz des Kindeswohls, aber auch jener Personen, deren im Familienrecht begründete, auch absolut geschützte Rechtsstellung durch ein missbilligtes Verhalten beeinträchtigt wird. Verhaltenspflichten, die sich aus dem Schutz des Eltern-Kind-Verhältnisses ergeben, schützen also auch den anderen Elternteil; deren schuldhafte Verletzung kann daher zu Schadenersatzansprüchen führen. Ansprüche wegen einer durch ein schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten verursachten konkreten Gesundheitsbeeinträchtigung sind daher durchaus denkbar. Psychische Schäden des Klägers, die Krankheitswert erreichen, konnten aber nicht nachgewiesen werden.

 

Im Ergebnis strebt die Revision an, dass der OGH die Rsp zu den sog „Schockschäden“ naher Angehöriger eines Getöteten, nach der auch für „Seelenschmerzen“ Schmerzengeld zustehen kann, auf den hier geltend gemachten „Trennungsschmerz“ überträgt.

 

Für den Ersatz solcher Schockschäden wird aber in stRsp darauf abgestellt, dass jedenfalls der Ersatz nicht krankheitswertiger Beeinträchtigungen grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Schädigers voraussetzt. Es ist nun nicht ersichtlich, inwieweit im Verhalten der Beklagten, die sowohl durch das Verhalten des Kindes als auch die Auskünfte sachkundiger Institutionen durchaus Bedenken haben konnte, eine grobe Fahrlässigkeit zu sehen wäre, sodass schon insoweit eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu beantworten ist. Im Übrigen hat der OGH bereits in seiner Entscheidung zu 8 Ob 133/06a darauf verwiesen, dass der Ersatz von „Schockschäden“ nur bei den massivsten Beeinträchtigungen gewährt wurde; dem kann eine bloß vorübergehende Trennung von einem Kind, das der Vater wohlauf und in guter Obsorge wusste, wohl regelmäßig nicht gleichgehalten werden.

 

Die Frage, inwieweit ein schikanöses Verhalten der Beklagten im Verfahren vorliegt, kann naturgemäß nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Den Ausführungen der Vorinstanzen, die das Vorliegen einer schikanösen Rechtsausübung der Beklagten verneinten, haftet keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung an.

 

Nähere Ausführungen dazu, warum ein Ersatz der Kosten des Besuchsrechtsverfahrens, in dem ein solcher grundsätzlich nicht vorgesehen ist (§ 107 Abs 5 AußStrG), nunmehr im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs zustehen sollte, findet sich in der Revision auch nicht.