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11.05.2015 Zivilrecht

OGH: Haftung eines Rechtsanwalts / Notars für unzulängliche Beratung (hier: iZm unbedingter Erbantrittserklärung)

Der Hinweis auf Schulden des Erblassers ersetzt nicht die notwendige Aufklärung über die Wirkungen von bedingter oder unbedingter Erbantrittserklärung


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Rechtsanwalt, Notar, Beratung, bedingte / unbedingte Erbantrittserklärung
Gesetze:

 

§ 1299 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 9 RAO, § 800 ABGB, § 801 ABGB, § 802 ABGB

 

GZ 5 Ob 40/15s [1], 24.02.2015

 

OGH: Die Belehrung von rechtsunkundigen Mandanten gehört nach der höchstgerichtlichen Rsp zu den wichtigsten Aufgaben eines berufsmäßigen Parteienvertreters (hier: eines öffentlichen Notars als Erbenmachthaber). Ob eine Beratung unzulänglich war, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

 

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen klärte der Beklagte die Erben vor Umwandlung ihrer bedingten in unbedingte Erbantrittserklärungen, die er in ihrem Namen vornahm, nicht darüber auf, dass sie nunmehr mit ihrem persönlichen Vermögen unbegrenzt für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten haften würden. Diese Information ist essentiell für die Entscheidung jedes Erben, ob er die Erbschaft unbedingt antritt oder nicht - sogar in jenen Fällen, in denen er nicht unbedingt mit weiteren Passiva rechnet. Der Aussage des Beklagten, man könne eine unbedingte Erbantrittserklärung abgeben, wenn man ganz sicher sei, dass keine weiteren Schulden über die bisher im Verfahren erfassten Passiva hinaus vorhanden seien, fehlt der entscheidende Hinweis auf die Rechtswirkungen der Erklärung. Der OGH hat bereits eine Mitteilung eines Gerichtskommissärs an die Erben, bei Abgabe einer unbedingten Erbantrittserklärung „seien sie persönlich dran“, als unzureichende Belehrung angesehen. Dass sich das Berufungsgericht an dieser Entscheidung orientierte, ist ein durchaus vertretbares Ergebnis.

 

Der Inhalt der Vermögenserklärung nach § 170 AußStrG wirkte nach der Rsp des OGH nur für das Verlassenschaftsverfahren. Die im Urteil der Vorinstanzen ausgesprochene Haftung „für alle Schäden der Kläger, welche die Höhe der von ihnen als Erben übernommenen Vermögenswerte übersteigen“, bewirkt daher nicht die vom Beklagten befürchtete Haftungserhöhung und Bereicherung der Erben, denen weitere - aus welchen Gründen immer - nicht in das Verzeichnis aufgenommene Aktiva zugeflossen sein sollen.