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19.05.2015 Zivilrecht

OGH: Froschlärm aus Biotop – Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB?

Im konkreten Fall liegen die Liegenschaften der Streitteile in einer als „Seepark“ beworbenen großen Anlage; in der Umgebung befindet sich ein großer Schwimmteich und zwei weitere Biotope, die vom Bauträger errichtet wurden: Unterlassungsanspruch verneint


Schlagworte: Nachbarrecht, Immissionen, Unterlassungsanspruch, Biotop, Frösche, ortsüblich
Gesetze:

 

§ 364 ABGB

 

GZ 6 Ob 33/15v [1], 19.03.2015

 

OGH: Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit einer Nutzungsbeeinträchtigung iSd § 364 Abs 2 ABGB kommt es im besonderen Maß auf die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls an. Das gilt auch für die Frage, ob eine Einwirkung das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigt.

 

Der OGH hat mehrfach bereits zu Immissionen durch Tiere (etwa 3 Ob 93/14v: Hundegebell; 1 Ob 23/99k: eindringende Hunde; 5 Ob 138/11x mwN: eindringende Katzen und deren Verunreinigungen) sowie zu Lärmimmissionen Stellung genommen. Die Grundsätze dieser Rsp sind auch auf Lärmimmissionen durch Frösche anzuwenden.

 

Die Klägerin beruft sich va auf RIS-Justiz RS0037171. Danach kann in der wiederholten und empfindlichen Störung der Nachtruhe (22:00 Uhr - 6:00 Uhr) von Hausbewohnern idR eine ortsübliche Immission nicht erkannt werden. Die objektive Erhöhung des Grundgeräuschpegels muss zu einer subjektiven Lästigkeit für normal empfindliche Menschen führen, wodurch deren Ruhebedürfnis und Schlafbedürfnis wesentlich gestört wird.

 

Die in RIS-Justiz RS0037171 indizierten Entscheidungen sind aber mit dem hier gegenständlichen Froschgequake nicht vergleichbar, weil dort die Lärmbelästigung von einer Studentenverbindung (1 Ob 594/94), dem Betrieb einer Bar (3 Ob 2413/96s) bzw eines Bäckereibetriebs (2 Ob 55/99y) ausgingen, wobei sich die Räumlichkeiten jeweils in einem Wohnhaus befanden.

 

Im hier vorliegenden Fall geht der Lärm von Fröschen aus, die sich im Biotop des Beklagten angesiedelt haben. Dies führte dazu, dass im Frühsommer das Quaken der Frösche auch auf dem Nachbargrundstück der Klägerin zu hören ist. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen liegen die Liegenschaften der Streitteile in einer als „Seepark“ beworbenen großen Anlage. In der Umgebung befindet sich ein großer Schwimmteich und zwei weitere Biotope, die vom Bauträger errichtet wurden. Drei Nachbarn in der Umgebung haben auf ihren Grundstücken ebenfalls kleinere Biotope errichtet. Vier Nachbarn fühlen sich durch das Froschquaken nicht beeinträchtigt, zwei Nachbarn schließen das Fenster, wenn sie das Quaken stört, eine weitere Nachbarin hält sich nicht im Freien auf, wenn die Frösche laut quaken.

 

Anlässlich der Bauverhandlung wegen des Biotops des Beklagten im Jahr 1997 äußerte die Klägerin ihre Befürchtungen hinsichtlich Undichtheit und Belästigung durch Insekten und Frösche. Ob das Quaken der Frösche seit 1997 zugenommen hat oder gleich geblieben ist, kann nicht festgestellt werden. Zwischen der Bauverhandlung 1997 und der Klagseinbringung im Juni 2012 beschwerte sich die Klägerin nie beim Beklagten wegen des Froschquakens.

 

Nach den von der Klägerin begehrten, aber so nicht getroffenen Feststellungen wäre das Froschgequake während drei Monaten im Jahr (15. April bis 15. Juli) täglich fünf Stunden, dies hauptsächlich zur Nachtzeit, lautstark wahrnehmbar. Der Maßstab der Wesentlichkeit der Einwirkung ist in erster Linie ein objektiver, der auf die Benützung der Nachbargrundstücke abstellt und daher von der Natur und der Zweckbestimmung des beeinträchtigten Grundstücks abhängig ist. Maßgeblich ist demnach nicht das subjektive Empfinden des sich gestört fühlenden Nachbarn, sondern das eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet.

 

Dass die gesundheitlichen Probleme der Klägerin (Blutdruckprobleme und Gürtelrose) auf das Froschquaken zurückzuführen sind, steht nicht fest und wurde in erster Instanz von der Klägerin auch nicht vorgebracht.

 

Ausgehend von den konkreten örtlichen Verhältnissen (samt Entstehungsgeschichte), die ja für die Beurteilung des Unterlassungsanspruchs nach § 364 Abs 2 ABGB eine maßgebliche Grundlage bilden, kann in der Beurteilung der Vorinstanzen, die hier den Nachweis der Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch verneinten, keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden. Inwieweit sich aus ÖNORMEN eine insoweit klare Grundlage ergeben würde, vermag die Revision nicht darzustellen.