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19.10.2015 Zivilrecht

OGH: Verkehrssicherungspflicht iZm Funpark in Schigebiet (hier: Sprungschanze)

Die Festlegung, unter welchen besonderen Umständen bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung eines Fehlgebrauchs der Anlage notwendig und zumutbar sind, ist wegen der gänzlich unterschiedlichen Gegebenheiten selbst bei gleichartigen Anlagen nicht möglichI ihre Beurteilung hängt vielmehr jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab; allein aus dem Umstand, dass eine Umfahrung der Begrenzung des Anlaufs und damit ein im Vergleich zur vorgegebenen Startposition schnelleres Auffahren auf die Schanze für geübte Fahrer grundsätzlich möglich war, kann eine Haftung der Beklagten nicht abgeleitet werden


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verkehrssicherungspflicht, Funpark, Schigebiet, Sprunganlage, Anlaufspur
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB

 

GZ 8 Ob 41/15k [1], 25.08.2015

 

OGH: Der Verkehrssicherungspflichtige muss die von ihm betriebene Anlage für die befugten Benützer in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand erhalten und vor erkennbaren Gefahren schützen. Die von ihm zu setzenden Gefahrenabwendungsmaßnahmen haben sich im Allgemeinen nur auf die vorgesehene Art der Benutzung zu beziehen. Darüber hinausgehende Vorkehrungen sind jedoch dann in Betracht zu ziehen, wenn die Möglichkeit nahe liegt, dass sich Gefahren infolge unerlaubten Verhaltens bei Benützung der Anlage ergeben. Diesfalls hat der Betreiber der Anlage im Rahmen des Zumutbaren auch dagegen angemessene Maßnahmen zu bewerkstelligen.

 

Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass die Festlegung des konkreten Inhalts einer Verkehrssicherungspflicht, also hier die Festlegung, unter welchen besonderen Umständen bestimmte Maßnahmen zur Verhinderung eines Fehlgebrauchs der Anlage notwendig und zumutbar sind (oder schon die Grenze der Zumutbarkeit übersteigen), wegen der gänzlich unterschiedlichen Gegebenheiten selbst bei gleichartigen Anlagen nicht möglich ist. Ihre Beurteilung hängt vielmehr jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

 

Insofern erweist sich die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts keineswegs als unvertretbar. Es steht fest, dass es zum Zeitpunkt des Unfalls weder üblich noch technischer Standard war, die Anlaufspur einer derartigen Sprunganlage durch einen Korridor zu begrenzen. Der Startbereich für den Funpark war für jedermann klar erkennbar markiert. Mit der Behauptung, dass den Benutzern der Anlage dadurch ein zu geringer Anlauf für den Sprung zur Verfügung gestellt worden wäre, um auf dem Luftpolster mittig landen zu können, entfernt sich der Kläger vom festgestellten Sachverhalt. Allein aus dem Umstand, dass eine Umfahrung der Begrenzung des Anlaufs und damit ein im Vergleich zur vorgegebenen Startposition schnelleres Auffahren auf die Schanze für geübte Fahrer grundsätzlich möglich war, kann eine Haftung der Beklagten nicht abgeleitet werden. Die im Rekurs erwähnte Empfehlung des Herstellers, das Gebiet um den Luftpolster durch Netze zu markieren, lässt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht als Vorschrift, den Anlauf zur Sprungschanze durch Netze zu begrenzen, interpretieren. Auch eine unzureichende Überwachung der Anlage kann der Beklagten - hatte sie vorher tatsächlich keinerlei Anhaltspunkte für den in Rede stehenden Fehlgebrauch der Anlage - nicht vorgeworfen werden. Nach den Feststellungen befand sich immer ein Angestellter in dem unterhalb des BigAirbag aufgestellten Containers und betreute die Anlage.

 

Hat die Beklagte (bzw ihre Mitarbeiter) hingegen - was noch zu klären sein wird - in der Vergangenheit wiederholt einen vergleichbaren Fehlgebrauch der Anlage wahrgenommen oder hätte sie (ihre Mitarbeiter) einen solchen Fehlgebrauch bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit wahrnehmen müssen, wäre sie iSd dargestellten Rechtslage zu geeigneten Gegenmaßnahmen und auch zu einer noch verstärkten Überwachung verpflichtet gewesen. Davon ist aber das Berufungsgericht ohnedies ausgegangen.