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04.01.2016 Zivilrecht

OGH: Tierhalterhaftung nach § 1320 ABGB iZm Inlineskaterunfall auf Radweg

Es ist nicht unvertretbar, von Hundehaltern auf bzw unmittelbar neben Radwegen die jederzeitige Beherrschung ihrer Hunde zu verlangen; dass es - wie die Revision meint - ausreichend sei, durch Anleinen des Hundes oder durch die Verwendung eines Maulkorbs Hundeattacken oder Bissverletzungen zu verhindern, verkennt die Gefahren, die sich auf einem Radweg durch die Begegnung von Hunden mit anderen, viel schnelleren Radwegbenützern (seien es nun Fahrradfahrer oder - wie hier - Inlineskater) ergeben können


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Haftung des Tierhalters, Radweg, Inlineskater
Gesetze:

 

§ 1320 ABGB, § 1304 ABGB

 

GZ 8 Ob 110/15g [1], 25.11.2015

 

Die Revisionswerberin macht im Wesentlichen geltend, sie treffe als Hundehalterin kein Verschulden; die Klägerin sei auf Inlineskatern zu schnell unterwegs gewesen und habe damit rechnen müssen, dass ihr eigener Hund sie durch eine plötzliche Richtungsänderung zu Sturz bringen könnte.

 

OGH: Gem § 1320 Satz 2 ABGB ist derjenige, der ein Tier hält, für den durch das Tier verursachten Schaden verantwortlich, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hat. Welche Verwahrung und Beaufsichtigung durch den Tierhalter erforderlich ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und richtet sich nach den dem Tierhalter bekannten oder erkennbaren Eigenschaften des Tieres und den jeweiligen Umständen.

 

Die Einhaltung der objektiv erforderlichen Sorgfalt hat stets der Tierhalter zu beweisen. Misslingt ihm dieser Beweis, haftet er für sein rechtswidriges, wenn auch allenfalls subjektiv schuldloses Verhalten.

 

Die Auffassung der Vorinstanzen, die Beklagte habe hier den Beweis objektiv sorgfältigen Verhaltens als Tierhalterin nicht erbracht, ist keineswegs unvertretbar. Vor allem ist es nicht unvertretbar, von Hundehaltern auf bzw unmittelbar neben Radwegen die jederzeitige Beherrschung ihrer Hunde zu verlangen. Dass es - wie die Revision meint - ausreichend sei, durch Anleinen des Hundes oder durch die Verwendung eines Maulkorbs Hundeattacken oder Bissverletzungen zu verhindern, verkennt die Gefahren, die sich auf einem Radweg durch die Begegnung von Hunden mit anderen, viel schnelleren Radwegbenützern (seien es nun Fahrradfahrer oder - wie hier - Inlineskater) ergeben können.

 

Dass auch die Klägerin die gebotene Sorgfalt vermissen ließ und daher ein Mitverschulden am Unfall zu vertreten hat, ist unstrittig. Die Gewichtung des beiderseitigen Fehlverhaltens kann immer nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls erfolgen, sodass weder Anlass noch Möglichkeit für allgemeingültige Ausführungen des OGH besteht. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, vermag die Revisionswerberin auch in diesem Zusammenhang nicht aufzuzeigen.