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29.08.2016 Zivilrecht

OGH: Gewinnzusagen – zum Versenderbegriff in § 5c KSchG

Die Auffassung, wonach dann, wenn das primär in Erscheinung tretende Versenderunternehmen nicht ohne weiteres greifbar sei, auch bloße Hilfsdienste zur Durchführung des Gewinnspiels bzw die Beteiligung an diesem ausreichend sein könnten, die Versendereigenschaft zu begründen, ist zu weitgehend


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Verbindlichkeit von Gewinnzusagen, Senden, Versender
Gesetze:

 

§ 5c KSchG

 

GZ 4 Ob 7/16g [1], 12.07.2016

 

OGH: Gem § 5c KSchG haben Unternehmer, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher senden und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe, dem Verbraucher diesen Preis zu leisten; er kann auch gerichtlich eingefordert werden.

 

Die Bestimmung entspricht inhaltlich vollständig der früheren Bestimmung des § 5j KSchG.

 

In Deutschland existiert eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Bestimmung, und zwar § 661a BGB („Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten“), für den § 5j KSchG als Vorbild diente.

 

Hauptzweck des § 5j (nunmehr § 5c) KSchG ist es, die verbreitete aggressive Wettbewerbspraxis der Unternehmer abzustellen, vermeintliche Gewinnzusagen persönlich adressiert an Verbraucher zu verschicken, um diese zur Warenbestellung zu motivieren. Der Anspruch auf Auszahlung des Gewinns, der nicht immer einbringlich zu machen sein wird, ist also Mittel zum Zweck zur Durchsetzung von überindividuellen wirtschaftspolitischen Interessen. Der Gesetzgeber hat daher mit § 5j (nunmehr § 5c) KSchG einen neuartigen Anspruch geschaffen. Er entsteht mit der Zusendung des Unternehmers, erfordert also weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Annahme durch den Verbraucher und ist somit ein spezieller, gesetzlich normierter, vertraglicher Erfüllungsanspruch sui generis. Die bedingungslose Bindung des Erklärenden an sein Anbot, unabhängig vom Empfängerhorizont, steht iZm dem Verbraucherschutz und dem überindividuellen, rechtspolitischen Interesse, die unlautere Geschäftspraktik der irreführenden Gewinnzusagen wirksam zu bekämpfen.

 

Der Begriff „Senden“ ist im gegebenen Zusammenhang nicht als die rein faktische bzw physische Tätigkeit des Kuvertierens, des Frankierens und der Übergabe an den Beförderer bzw die Post zu verstehen, sondern es bedarf eines gewissen (engeren) Zusammenhangs mit der aggressiven Werbepraxis. „Sender“ einer Gewinnzusage ist derjenige Unternehmer, den ein durchschnittlicher Verbraucher in der Lage des Empfängers einer Gewinnzusage als Versprechenden ansieht. Es ist aber nicht jeder als „Sender“ iSv § 5c KSchG anzusehen, der sich an der Übermittlung der Gewinnzusage oder dem damit regelmäßig verknüpften Versandhandelsgeschäft beteiligt, denn sonst würde auch das Postunternehmen darunter fallen.

 

Im vorliegenden Fall war für den Kläger ersichtlich, dass eine gewisse „Michelle Devon“ Korrespondenz- bzw Vertragspartnerin ist („Bitte senden Sie dann alles innerhalb von 5 TAGEN an Michelle Devon, damit sie Ihre beiden Bankschecks zu den angegebenen Bedingungen erhalten können ...“). Dabei handelt es sich aber um eine Phantasiefigur. Wer hinter dieser steht, ist aus der dem Kläger zugesandten Gewinnzusage nicht ersichtlich.

 

Der Kläger bzw sein Rechtsfreund machte die Beklagte als Inhaberin des von „Michelle Devon“ für Rücksendungen angegebenen Postfachs ausfindig, forderte diese zur Auszahlung des Gewinns auf und klagte sie letztlich. Die Feststellungen der Vorinstanzen ergaben jedoch, dass die Beklagte bloße Logistik-Dienstleistungen erbracht und auf die Gewinnzusage des Unternehmens aus Singapur an den Kläger keinen Einfluss genommen hat. Inwieweit die Beklagte sonst in die Geschäftspraxis des Unternehmens aus Singapur eingebunden war bzw bewusst und in Gewinnerzielungsabsicht daran teilnahm, wurde nicht näher vorgebracht und auch nicht festgestellt. Bloß die Aussage in der Beweiswürdigung des erstgerichtlichen Urteils, es sei davon auszugehen, dass der Geschäftsführer der Beklagten Kenntnis davon hatte, welche Sendungen im Postfach einlangten, reicht nicht aus, um die Beklagte als „Senderin“ der Gewinnzusage zu qualifizieren.

 

Aufgrund der Offenlegung der Beklagten, in welchem – indirekten – vertraglichen Verhältnis sie mit dem Absender- bzw Herkunftsunternehmen der Gewinnzusage steht, liegt auch keine Verschleierung der verantwortlichen „Hintermänner“ vor. Der durchschnittliche Verbraucher als Empfänger einer Gewinnzusage wird nicht denjenigen als Versprechenden ansehen, der ihm gegenüber die Verhältnisse offen legt und den wahren Versender nennt. Ob die Sache anders zu beurteilen wäre, wenn der Unternehmer dem Verbraucher gegenüber – trotz Aufforderung – keine derartige Offenlegung vornimmt, war hier nicht zu entscheiden.

 

Die Rechtsauffassung des Klägers liefe darauf hinaus, dass die Beklagte als bloße Erbringerin von Logistik-Dienstleistungen für die Auszahlung des zugesagten Gewinns haftete. Dies ist – trotz des Zwecks der Bestimmung des § 5c KSchG, irreführende Gewinnzusagen wirksam zu bekämpfen und Verbraucher vor derartigen unlauteren Geschäftspraktiken wirksam zu schützen – mit dem Gesetzestext nicht in Einklang zu bringen, wonach (nur) der „Sender“ dem Verbraucher den Preis zu leisten hat. Insoweit ist auch die Auffassung von Klauser in Keiler/Klauser, Österreichisches und Europäisches Verbraucherrecht (1. Lfg 2015) § 5c KSchG Rz 48, zu weitgehend, wonach dann, wenn das primär in Erscheinung tretende Versenderunternehmen nicht ohne weiteres greifbar sei, auch bloße Hilfsdienste zur Durchführung des Gewinnspiels bzw die Beteiligung an diesem ausreichend sein könnten, die Versendereigenschaft zu begründen. Die in Rede stehende Bestimmung normiert – anders als etwa das GSpG im Fall der Beteiligung an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot von Glücksspielen (vgl § 2 Abs 2 GSpG) – grundsätzlich keine Mithaftung auch für bloße Hilfsdienste.